EZB und der Euro – Inflation durch die Hintertür
Das Interview, das der Nachricht zugrunde lag, gab Lane ganz bewusst einer spanischen Zeitung („El Pais“), weil es vor allem die südeuropäischen Staaten sind, die befürchten, die EZB könnte zu früh auf die Bremse treten und die Konjunkturerholung abwürgen. Lane weiß sehr genau, dass die EZB keineswegs so unabhängig ihren Zinskurs steuern kann, wie sie gerne vorgibt. Die Zinsdifferenz zwischen Euro- und Dollarraum darf nämlich nicht zu groß werden, weil das auf die Wechselkurse durchschlagen würde. Schon das Signal von Lane löste eine Fortsetzung der Euro-Talfahrt aus. Von seinem Zwischenhoch bei 1,22 Dollar/Euro im Mai hat sich der Euro bis heute auf knapp 1,16 Dollar/Euro abgeschwächt. Das sind 5% weniger in nur sechs Monaten.
Ein schwacher Euro ist zwar gut für den Export. So gehören die USA zu den wichtigsten Handelspartnern der Eurozonen-Länder. Allerdings erhöht sich durch eine schwache eigene Währung auch die Gefahr importierter Inflation. Zum einen steigen die Preise für die Einfuhren, darunter Energie und andere Rohstoffe und Vorprodukte. Zum anderen erleichtert die auf diese Weise stimulierte Nachfrage aus dem Ausland den Herstellern das Durchsetzen höherer Preise. Die Preisstabilität zu erhalten, ist hehrste Pflicht einer Notenbank. Sie wird zurzeit nicht nur durch Lieferengpässe torpediert, die auf durch die Pandemie aufgestaute Nachfrage treffen, sondern, wie die Tarifkonflikte zeigen, auch durch erste Vorboten einer Lohn-Preis-Spirale. Wäre dies nicht schon genug Auftrieb für die Preise, kommt jetzt noch der schwache Eurokurs dazu.
Die EZB ist nicht in einer Komfortzone. Das Beharrungsvermögen steigender Preise ist größer als gedacht. Zum Glück hat es auch die Fed nicht so eilig mit einer Forcierung des Taperings und steigenden Zinsen. Wäre das anders, könnte sich auch die EZB einer Zinswende nicht länger entziehen. Über die Wechselkurse sitzen EZB und Fed über kurz oder lang stets in einem Boot.