PLATOW-Gespräch

EZB will Klimadebatte mit „Fakten und Zahlen“ untermauern

Kaum ein Thema hat in der EZB so an Bedeutung gewonnen wie der Klimawandel. EZB-Präsidentin Christine Lagarde macht bei jeder Gelegenheit deutlich, dass sie hier Akzente setzen will.

Dies ist durchaus umstritten, sowohl in der EZB als auch außerhalb. Kritiker werfen Lagarde vor, zu hohe Erwartungen zu wecken und die eigenen Kompetenzen zu überschreiten. Jüngst sorgte Top-Manager Frank Elderson für Aufsehen, der in einem internen Meeting gefragt hatte, warum die EZB Leute einstelle, „die wir umprogrammieren müssen, weil sie von den besten Universitäten kommen, aber immer noch nicht wissen, wie man das Wort ,Klima‘ buchstabiert“. Inzwischen hat sich Elderson, der dem Führungsgremium der EZB angehört, für die Wortwahl entschuldigt.

All das wirft ein Schlaglicht auf die Klima-Aktivitäten der EZB. Eine Schlüsselrolle spielt das hauseigene Zentrum, das diese koordiniert. Im PLATOW-Gespräch erläutert Leiterin Irene Heemskerk, worauf es ihr ankommt. „Unsere Rolle sehe ich darin, die Auswirkungen des Klimawandels in unseren Kernaufgaben zu berücksichtigen, wo dies relevant und notwendig ist“, sagt die 48-jährige Niederländerin. Zudem gehe es darum, „die Debatte über die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels mit Fakten und Zahlen zu untermauern“.

Heemskerk sieht weitreichende Auswirkungen. „Wir müssen verstehen, wie der Klimawandel die Wirtschaft beeinflusst. Die Folgen sind gewaltig und werden aus meiner Sicht immer noch unterschätzt.“ Die Erderwärmung beeinflusse so viele Bereiche. Zum Beispiel Lieferketten, Wohnungsmärkte oder Nahrungspreise. Wenn Schiffe wegen Niedrigwasser etwa den Rhein nicht befahren können, kommen Zulieferprodukte später an. Überfluten Häuser wegen des steigenden Meeresspiegels, sinken deren Preise. Kommt es wegen Dürren zu Ernteausfällen, steigen die Preise betroffener Nahrungsmittel, wie sich aktuell bei Olivenöl beobachten lässt.

Im Klima-Zentrum arbeiten 10 Mitarbeiter, die meisten sind auf Rotationsbasis für zwei bis drei Jahre intern abgeordnet. Zum Team gehört auch ein Klimawissenschaftler, der sich mit Modellen befasst. „Ich will sicherstellen, dass die EZB ihrer Verantwortung für den Klimaschutz gerecht wird. Jeder sollte sich des Klima-Themas bewusst sein und es, wo es relevant ist, bei der Arbeit berücksichtigen,“ sagt Heemskerk.

Kürzlich hat die EZB einen neuen Klimaplan bis 2025 vorgelegt mit drei Schwerpunkten. Erstens will sie die Kosten für die grüne Transformation der Wirtschaft analysieren. Zweitens sich mit den Anpassungen an die Erderwärmung und deren Kosten befassen. Drittens geht es ihr um Risiken durch Umweltzerstörung und die Folgen für das Wirtschafts- und Finanzsystem. jam

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