Geldpolitik

FinTechs: Was in Sachen Regulierung zu beachten ist

Die Kreditvergabe lässt sich dank spezieller Internet-Plattformen inzwischen bequem online erledigen. Aber auch in anderen Bereichen (Vermögensmanagement etc.) positionieren sich junge Finanztechnologie-Unternehmen (FinTechs) mit innovativen Geschäftsmodellen und Technologien als Alternative zu etablierten Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern. Welche regulatorischen Vorgaben sie beachten müssen, wie sich das Kleinanlegerschutzgesetz insbesondere im Bereich Crowdfunding auswirkt und warum bei der Blockchain-Technologie Rechtsunsicherheit besteht, erklären Jörg Wulfken und Danielle Schmidt von PwC Legal.

05. April 2016

Hinter dem Begriff FinTechs verbergen sich Unternehmen, deren Geschäftsmodelle sich auf Bereiche wie Zahlungsverkehr, Asset & Wealth Management oder Crowdfunding beziehen. Viele haben Benutzeroberflächen und Applikationen entwickelt, die insbesondere junge Kunden ansprechen. Immer häufiger setzen sie zudem auf die Blockchain-Technologie, auf Basis derer auch die synthetische Währung Bitcoin entwickelt wurde. Sie ermöglicht in vielen Bereichen Transaktionen ohne traditionelle Intermediäre aus der Finanzbranche.

FinTechs benötigen für ihre Geschäfte häufig Lizenzen nach dem Kreditwesen-, nach dem Versicherungsaufsichts- oder nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz. Gründer und Verantwortliche sollten dies genau prüfen, denn wer Bankgeschäfte ohne Erlaubnis betreibt, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Betroffen sind Geschäftsführer, aber auch leitende Angestellte. Außerdem drohen Abmahnungen sowie Schadenersatzansprüche, die existenzgefährdend sein können. Für junge FinTechs ist es in der Regel schwierig, die Voraussetzungen für eine eigene Lizenz zu erfüllen. Die meisten von ihnen kooperieren deshalb mit etablierten Banken, Versicherern oder anderen Finanzdienstleistern, die den FinTechs ihre Lizenz zur Verfügung stellen und das eigentliche genehmigungspflichtige Geschäft betreiben.

Doch auch ohne eigene Lizenz müssen FinTechs strenge Vorgaben einhalten – z.B. das Kleinanlegerschutzgesetz (KASG), das seit Juli 2015 schrittweise in Kraft getreten ist. Das KASG erweitert den Anwendungsbereich des Vermögensanlagegesetzes (VAG), das Anbieter von Vermögensanlagen verpflichtet, Verkaufsprospekte und Vermögensanlage-Informationsblätter zu erstellen sowie für Emittenten die Veröffentlichung von Jahresabschlüssen und Lageberichten vorsieht. Die Verkaufsprospekte sind dann sogar von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu billigen. Ferner sind diese Unterlagen regelmäßig zu aktualisieren. Vor Inkrafttreten des KASG waren partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen von diesen Pflichten praktisch ausgenommen. Zahlreiche junge Unternehmen, aber eben auch FinTechs, hatten sich daher im so genannten grauen Kapitalmarkt über Nachrang- und partiarische Darlehen finanziert und damit von den Lücken des VAG profitiert. Diese Lücke wurde nunmehr geschlossen.

Finanzierungen sind daher für zahlreiche FinTechs und andere junge Unternehmen aufwendiger geworden. Um die Finanzierungsbedingungen für Gründer nicht zu erschweren und den Interessen des FinTech-Standortes Deutschland Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber allerdings Ausnahmen im Bereich des Crowdfunding zugelassen. So werden Unternehmen, die sich über Crowdfunding-Plattformen im Internet finanzieren, in bestimmten Fällen von der Prospektpflicht befreit. Die Voraussetzungen dafür sind, dass das Investitionsvolumen pro Einzelfinanzierung maximal 2,5 Mio. Euro beträgt und die einzelnen Anleger höchstens 1 000 Euro investieren (bzw. 10 000 Euro, wenn ein Vermögen von mindestens 100 000 Euro nachgewiesen wird). Dieses Finanzierungsprivileg gilt allerdings nur dann, wenn die Anlagevermittlung über das Internet erfolgt.

Diese Privilegierung von internetbasierten Crowdfunding-Plattformen ist umstritten. Zum einen ist es fraglich, ob ausgerechnet Kleininvestoren vom Schutz des VAG ausgenommen werden sollen – und das auch nur dann, wenn die Anlagevermittlung über das Internet erfolgt. So war die wirtschaftliche Bedeutung von Crowdfunding bisher relativ gering; das könnte sich jetzt ändern. Zum anderen wird die Refinanzierung junger Unternehmen außerhalb von Crowdfunding-Plattformen tendenziell erschwert, was deren Entwicklung behindern könnte. Immerhin hat der Gesetzgeber angekündigt, die Neuregelungen durch das KASG Ende 2016 zu überprüfen.

Vor weiteren Herausforderungen stehen Gesetzgeber und Finanzaufsicht im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie. Sie hat nach bisherigem Kenntnisstand das Potenzial, die Finanzbranche fundamental zu verändern – erlaubt sie doch in verschiedenen Bereichen Transaktionen ohne die Zwischenschaltung Dritter. Hierdurch könnten langfristig die Geschäftsmodelle vieler Banken, aber auch der Börsen gefährdet werden. Der populärste Anwendungsfall von Blockchain ist Bitcoin. Allerdings sind zentrale Rechtsfragen wie Fälschungssicherheit, Datenschutz und gerichtliche Anerkennung noch nicht geklärt. Urteile zu Blockchain gibt es zumindest im deutschen Rechtsraum – soweit ersichtlich – noch nicht. Von Rechtssicherheit im klassischen Sinn kann deshalb derzeit keine Rede sein. PwC erforscht derzeit die Anwendungsmöglichkeiten mit einem eigens in Belfast zusammengestellten Team. Die Forschungsergebnisse werden Aufschluss darüber geben, wohin der Einsatz der Blockchain-Technologie die Finanzbranche führen wird und welches Potenzial sie am Ende in der Praxis entfaltet.

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