Gastbeitrag

Fokus Blockchain – Tokenisierung von Immobilien

Die Tokenisierung von Immobilien über Blockchain-Technologien bietet aus Investorensicht mehrere Vorteile: Ein in der analogen Welt illiquides Asset kann handelbar bzw. fungibel gemacht werden. Sie erlaubt aber auch durch eine Fraktionalisierung die Partizipation an einem Asset bereits unter geringerem Kapitaleinsatz und bietet die Möglichkeit einer höheren Portfoliodiversifikation, wie Partner Lars Reubekeul und Associate Natalie-Dilan Yerlikaya von der Kanzlei DLA Piper erläutern.

Lars Reubekeul / Natalie-Dilan Yerlikaya
Lars Reubekeul / Natalie-Dilan Yerlikaya © DLA Piper

Wirft man einen Blick auf den rechtlichen Status quo, stellt man ernüchternd fest, dass eine in rem Tokenisierung von Immobilien nach deutschem Recht gemäß aktueller Rechtslage nicht möglich ist. Der „Numerus Clausus“ des deutschen Sachenrechts ist eindeutig: Die Auflassung einer in Deutschland belegenen Immobilie bedarf der notariellen Beurkundung des Notars und Eintragung ins Grundbuch, welches zumindest in Deutschland noch nicht digitalisiert existiert, um die Eigentumsübertragung wirksam zu vollziehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die praktische Frage, wie Investoren dennoch in Immobilien investieren und dabei gleichzeitig von den oben dargestellten Vorteilen der Asset-Tokenisierung profitieren können.

eWpG als rechtliche Grundlage für Tokenisierung

Das am 6.5.21 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere (eWpG) ermöglicht erstmals, dass Inhaberschuldverschreibungen als sog. Kryptowertpapiere „on chain“ emittiert werden können (s. a. PLATOW Recht v. 19.5.). Dies ermöglicht künftig, dass Anleger z. B. Anleihen erwerben können, die ihrerseits den Cashflow aus dem Halten und Verwalten von Grundstücken und/oder Immobilien abbilden. Freilich erhält der Anleger hierbei lediglich eine Verzinsung seines hingegebenen Kapitals und keine sachenrechtliche Position. Bei Bestandsimmobilien mit langfristigen Mietverträgen und damit einer stetigen Einnahmequelle, kann die Zahlung fester Zinsen verhältnismäßig einfach festgelegt werden. Auch das Risiko eines Totalausfalls ist vergleichsweise gering, da die Immobilie üblicherweise hinreichend Sicherheit bietet.

Zudem soll die spätere Ausweitung des Anwendungsbereichs weiterer Vorschriften des eWpG auf elektronische Anteilscheine im Wege der Rechtsverordnung durch das Bundesfinanzministerium (BMF) und das Bundesjustizministerium (BMJV) die Einführung von Kryptofondsanteilen ermöglichen. Für die Praxis bedeutet dies, dass auch Anteile an Immobilien-Investmentfonds in naher Zukunft als Kryptofondsanteile ausgegeben werden können.

Schließlich verbleibt die Möglichkeit, Immobilien indirekt über entsprechende Treuhandkonstruktionen zu halten. Konkret bedeutet dies, dass eine (Zweck-)Gesellschaft das Eigentum an der Immobilie (sachenrechtlich) erwirbt und dieses treuhänderisch für Rechnung der Tokeninhaber hält. Bei der Strukturierung ist auf die Abgrenzung zu einem Investmentvermögen zu achten. Auch hier verbleibt die Stellung des Anlegers ausschließlich eine schuldrechtliche. Denn auch der die treuhänderischen Ansprüche des Anlegers gegen die Zweckgesellschaft „verbriefende“ Token (oder neuerdings „non-fungible token“, kurz: NFT) gewährt dem jeweiligen Anleger lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft, keinesfalls aber die unmittelbare Verfügungsbefugnis über die Immobilie selbst.

Blockchain-Absicherung Datenraum

Zusätzliche Sicherheit können die Anleger erhalten, wenn den Token ein Datenraum mit Dokumenten der Immobilie zugeordnet wird, der wiederum selbst mit Hilfe von Blockchain-Technologien gespeichert wird. Vorbehaltlich der Prüfung des Einzelfalls wird es sich bei solchen Konstruktionen meist um eine Vermögensanlage im Sinne des VermAnlG handeln. Zwar ist grundsätzlich nach Maßgabe des § 6 VermAnlG für das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen im Inland ein Prospekt zu erstellen und zu veröffentlichen. Nach der Auffassung der BaFin handelt es sich jedoch bei solchen Token um eine „Wertpapiergattung eigener Art“. Denn die Blockchain-Technologie lasse die Grenzen zwischen Wertpapieren und Vermögensanlagen verschwimmen. Gemäß dem „substance over form“-Prinzip führe die durch die Blockchain-Technologie erhöhte Handelbarkeit der Token zu einer Einordung als Wertpapier im Sinne der EU-ProspektVO, auch wenn dem Wortlaut des Gesetzes nach dieser als Vermögensanlage einzuordnen wäre.

Zukunft der Blockchain-Technologien

Welche Art von Real Estate Investments „on chain“ Anleger neben den bisherigen Investmentmöglichkeiten künftig wählen werden, dürfte – neben der individuellen Anlagestrategie – auch von den steuerlichen Aspekten abhängen. Dabei ist z. B. die grunderwerbsteuerliche Behandlung der Tokenisierung derzeit unklar; vor allem da sich die Finanzverwaltung dazu bisher noch nicht geäußert hat. Auch wenn das deutsche Sachenrecht aktuell noch keine „echte“ Tokenisierung von Immobilien zulässt, können Investoren spätestens mit Inkrafttreten des eWpG und der noch durch das BMF zu erlassenen Verordnung für Kryptofondsanteile – wenn auch nur indirekt – in blockchainbasierte Real Estate Assets investieren, ohne den kosten- und zeitintensiven Gang zum Notar auf sich zunehmen.

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