Geschäftsunterlagen sollten nicht zu früh entsorgt werden
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Zu den rechtlichen Neuerungen zur schärferen Regulierung des Finanzmarkts zählt auch eine verlängerte Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung. Nach § 93 AktG haften Vorstände und Aufsichtsräte von Banken, aber auch von börsennotierten Aktiengesellschaften für Pflichtverletzungen während ihrer Amtszeit nunmehr zehn statt fünf Jahre. Ersatzansprüche sollen so durchsetzbar bleiben, wenn die Pflichtverletzung erst zu einem späten Zeitpunkt bekannt wird.
„Angesichts der oftmals hohen Komplexität der Fälle, in denen eine Pflichtverletzung vermutet wird, ist eine Klärung teilweise erst nach einer aufwändigen Sonderprüfung möglich. Fünf Jahre können da knapp bemessen sein“, erklärt der Münchener Aktienrechtler Oliver Maaß von Heisse Kursawe Eversheds den Sinn der Änderung. Gleichzeitig weist er auf ein Folgeproblem hin, das bereits im Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf Thema war. Es betrifft die unterschiedlichen Verjährungsfristen für die aktienrechtliche Haftung von Organen und die handelsrechtlich (§ 257 Abs. 4 HGB) bzw. steuerrechtlich (§ 147 Abs. 3 AO) geregelten Aufbewahrungsfristen für Geschäftsunterlagen.
„Haftet ein Organmitglied nach dem Aktienrecht jetzt zehn Jahre, werden aber Geschäftsunterlagen nicht für den gleichen Zeitraum aufbewahrt, fehlen im Zweifel später Papiere, die den Vorstand oder Aufsichtsrat entlasten könnten. Die verlängerte aktienrechtliche Haftung macht damit praktisch eine längere Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen für börsennotierte Unternehmen erforderlich“, betont Maaß.
Der Finanzausschuss hat zwar in seinem Bericht mögliche Risiken verneint und betont, es solle nicht zu Lasten des Organs gehen, wenn zur Aufklärung des Sachverhalts notwendige Unterlagen nicht oder nicht mehr vollständig vorhanden seien. Diese Sichtweise wird aber dann nicht aufrecht zu erhalten sein, wenn die Vernichtung in die Verantwortung des betroffenen Vorstands fällt. „Die Gesellschaften sollten, um für mögliche Schadensersatzansprüche vorbereitet zu sein, nicht auf die Auslegung durch die Rechtsprechung warten, sondern freiwillig die Geschäftsunterlagen länger aufbewahren“, empfiehlt Maaß. Insbesondere Gutachten, Entscheidungsvorlagen an Vorstand und Aufsichtsrat und Protokolle der Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen sollten länger archiviert werden.
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