Geldpolitik

Große Inflationsunterschiede stellen EZB vor Probleme

Die 20 Länder der Euro-Zone haben eine gemeinsame Zentralbank und Währung, bei den Inflationsraten aber gibt es zwischen ihnen derzeit riesige Unterschiede. Nach den jüngst veröffentlichten Zahlen für den Euro-Raum stiegen die Preise im Oktober in der Slowakei um 7,8% gegenüber dem Vorjahr – dagegen sanken sie in den Niederlanden um 1,0% und in Belgien um 1,7%. 

Für die EZB sind die hohen Differenzen ein Problem. Ihr einziges Ziel lautet: Eine Inflation von 2% im gesamten Euro-Raum zu erreichen. Gehen die Werte so stark auseinander wie jetzt, lässt sich schwieriger abschätzen, ob die bisher beschlossenen Zinserhöhungen hierfür ausreichen – oder sie übertrieben sind. Hinter den Differenzen stecken vor allem drei Effekte.

Erstens setzen sich die Warenkörbe in den Ländern sehr unterschiedlich zusammen, was sich entsprechend niederschlägt. So machen zum Beispiel in ärmeren Euro-Staaten wie der Slowakei, Lettland oder Griechenland die Ausgaben für Lebensmittel einen deutlich größeren Anteil aus als in reichen Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden. Im Oktober waren Lebensmittel, Alkohol und Tabak der stärkste Preistreiber im Währungsraum. Sie verteuerten sich um 7,5%. Dies schlug sich in den Euro-Ländern entsprechend unterschiedlich nieder, je nach Gewichtung.

Zweitens haben die Euro-Staaten sehr unterschiedliche Maßnahmen beschlossen, um die Inflation zu dämpfen. Manche senkten die Mehrwertsteuer auf Strom wie etwa Spanien, andere führten Preisbremsen ein. Frankreich zum Beispiel deckelte die Strom- und Gaspreise. In Deutschland wiederum gab es neben Hilfen bei den Energiepreisen auch das 9-Euro-Ticket und später das 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr, was sich preisdämpfend auswirkte.

Drittens greifen in den Ländern sehr unterschiedliche so genannte Basiseffekte. In Deutschland galt zum Beispiel von Juni bis August 2022 das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Dies dämpfte die Inflationsrate in diesem Zeitraum. 2023 dagegen war es umgekehrt: Weil die Vergleichswerte aus 2022 durch das 9-Euro-Ticket niedriger ausgefallen waren, fiel der Anstieg in Deutschland entsprechend höher aus. Im Falle Kroatiens kommt hinzu: Das Land ist in diesem Jahr dem Euro beigetreten. Geschäfte und Unternehmen mussten also ihre Preise ohnehin anpassen. Einige nutzten dies offenbar für stärkere Preiserhöhungen, was die Inflation dort noch etwas verstärkt hat. jam

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