Günstig vererben und verschenken – Die Zeit läuft ab
Wie auch immer die Eurokrise ausgeht, sie wird viel Geld kosten und letztlich wird der Steuerzahler die Folgen tragen. Wie das aussehen kann, zeigt das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, das voraussichtlich mit Wirkung ab 27. Oktober 2012 verschärft werden wird. Was gilt noch, was wird geändert und was ist nun zu tun? Antworten gibt Konstantin Mettenheimer, Steuerrechtsexperte und Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer.
Wie auch immer die Eurokrise ausgeht, sie wird viel Geld kosten und letztlich wird der Steuerzahler die Folgen tragen. Wie das aussehen kann, zeigt das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, das voraussichtlich mit Wirkung ab 27. Oktober 2012 verschärft werden wird. Was gilt noch, was wird geändert und was ist nun zu tun? Antworten gibt Konstantin Mettenheimer, Steuerrechtsexperte und Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer.
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Das Bundesverfassungsgericht hatte das alte Erbschaftsteuergesetz 2006 als verfassungswidrig abgelehnt. Im Dezember 2008 entstand dann nach zähem politischen Ringen ein neues Gesetz. Danach ist Betriebsvermögen unter bestimmten Bedingungen – z. B. Haltefristen von fünf oder sieben Jahren – zu 85% oder gar 100% von der Erbschaftsteuer befreit. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass während dieser Haltefristen bestimmte Lohnsummen nicht unterschritten, letzten Endes also Arbeitsplätze erhalten werden. Für Privatvermögen ist eine solche Befreiung nicht vorgesehen. Dennoch kann sie auch für große Teile von Privatvermögen genutzt werden, weil die Grenze zwischen Betriebs- und Privatvermögen auf Grund der einfachen Struktur des Gesetzes sehr durchlässig ist. Damit können bei bestimmten Strukturen beispielsweise Festgeld oder Immobilien steuerfrei vererbt oder verschenkt werden.
Diese unscharfe Grenzziehung zwischen Betriebs- und Privatvermögen hat der Bundesfinanzhof (BFH) aus verfassungsrechtlichen Gründen im Oktober 2011 gerügt und festgehalten, dass sich „die verfassungsrechtliche Problematik […] nach der Neuregelung […] sogar verschärft“ hat. Das Bundesfinanzministerium ist zwar der Auffassung, das Gesetz sei verfassungsmäßig, aber ein Änderungsvorschlag des Bundesrats liegt seit Ende Juni 2012 dennoch vor. Dieser Vorschlag soll mit Rückwirkung ab der dritten Lesung des Gesetzes bereits am 27. Oktober 2012 in Kraft treten.
Steuersparmodelle
Völlig unabhängig von den rechtlichen Fragen sprechen sich eine Reihe politischer Parteien für eine Verschärfung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts aus. Es ist eine absolute Rarität, dass der BFH in einem Beschluss wie jenem vom Oktober 2011 selbst ausführt, wie solche Steuersparmodelle nach bisherigem Recht aussehen können. Zum Beispiel kann die Erbschaftsteuer dadurch umgangen werden, dass Bar- und Festgeld in eine sogenannte Cash GmbH eingebracht werden. Diese kann nach geltendem Recht steuerfrei als Betriebsvermögen vererbt und verschenkt werden. Dies ist sicher ein sehr gängiges – vielleicht zu gängiges – Modell. Dasselbe kann nach Ansicht der Richter auch bei so genannten gewerblich geprägten Kommanditgesellschaften funktionieren. Diese haben den zusätzlichen Vorteil, dass der bisherige Vermögensinhaber als Komplementär zwar nur noch geringfügig oder gar nicht mehr am Vermögen beteiligt ist, aber die Kontrolle behalten kann.
Ferner beschreibt der BFH ein Modell, bei dem ein Betrieb in eine Personalgesellschaft mit den Mitarbeitern und eine Besitzgesellschaft mit dem Vermögen aufgespaltet wird. Die Personalgesellschaft muss zwar die Lohnsummenregelung einhalten; verletzt sie diese, passiert jedoch nichts, weil sie nur Mitarbeiter, aber kein Vermögen hat. Die Besitzgesellschaft hingegen hat das Vermögen, aber keine Mitarbeiter, so dass sie die Lohnsummenregelung gar nicht verletzen kann. Die Vorschläge des BFH sind mutiger als die vieler Berater, aber der BFH haftet ja auch nicht für seine Vorschläge.
Gesetzliche Änderungen
Was wird also geändert? Vereinfacht gesagt sollen vor allem Wertpapiere, Bargeld, Festgeld und andere liquide Mittel, dann nicht mehr zum „guten“ Betriebsvermögen gehören, wenn sie mehr als 10% des zu übertragenden Gesamtvermögens ausmachen. Zweitens galt nach bisherigem Recht die Lohnsummenregelung nicht, wenn ausschließlich die Muttergesellschaft/Holding 20 Mitarbeiter oder weniger hat. Dies soll nun auf konsolidierter Basis für die Gruppe ermittelt werden. Das Gesetz sieht weitere technische Änderungen vor.
Eine gute Lösung noch nach altem Recht ist die Übertragung des Vermögens auf eine Familienstiftung. Es gibt zwar auch weiterhin die Möglichkeit, Privat- in Betriebsvermögen umzuwandeln, diese werden jedoch komplizierter oder fragwürdiger. Denkbar bleibt aber natürlich auch weiterhin eine Senkung des Wertes des übertragenen Vermögens durch einen Vorbehaltsnießbrauch des Schenkers. Daher ist jetzt tatsächlich
Eile geboten, eine vorweggenommene Erbfolge zu erwägen.
Es ist systematisch und volkswirtschaftlich verständlich, Betriebsvermögen zu begünstigen und Privatvermögen zu belasten, obwohl eine Aktie im Privatvermögen letzten Endes auch zum Produktivvermögen gehört. Was allerdings irritiert, ist, dass die Steuern an vielen etwas versteckten Stellen bereits erhöht wurden, und wir mit beständigen weiteren Verschärfungen rechnen müssen. Jüngste Beispiele sind die neue Nuklearsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Sportwettensteuer sowie die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Die Vorschläge für eine Finanztransaktionssteuer und eine Vermögensteuer gehören ebenfalls dazu. In jedem dieser Fälle wird ein politisch ansprechender Zweck (Umwelt, Finanzkrise etc.) mit einem ganz handfesten fiskalischen Zweck verbunden. Der geneigte Steuerzahler darf mit weiteren Überraschungen rechnen.
Dieser Beitrag bildet den Auftakt zu einer regelmäßigen Kolumne auf platow.de. Ab August wird Konstantin Mettenheimer jeden zweiten Freitag aktuelle Rechtsthemen kommentieren, für Privatanleger analysieren und Strategien aufzeigen.
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