Holger Steltzner – Kabale im „FAZ“-Herausgebergremium
Gerade einmal knappe neun Zeilen lang war die Mitteilung auf Seite eins, in der die „FAZ“ ihre Leser über den Abgang des seit 2002 für den Wirtschafts- und Sportteil verantwortlichen Mit-Herausgebers Holger Steltzner informierte. Im Titelkopf der Zeitung mit der Nennung der Herausgeber war Steltzners Name bereits getilgt.
Die Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den anderen Herausgebern sei nicht mehr gegeben, hieß es ohne Umschweife zur Begründung. Die förmliche Kälte der kurzen Mitteilung lässt auf eine Trennung im Unfrieden schließen. Im hermetisch abgeschotteten Herausgebergremium muss es zuvor mächtig gerumpelt haben. Unter Steltzner hat sich der Wirtschaftsteil der „FAZ“ zu einer pointierten Plattform für Euro-Kritiker und EU-Skeptiker entwickelt. Mit EZB-Präsident Mario Draghi führte Steltzner sogar eine regelrechte Privatfehde über dessen laxe Geldpolitik.
Damit grenzte sich der Wirtschaftsteil auch gegenüber dem eher staatstragenden Politik-Ressort unter Mit-Herausgeber Bert-hold Kohler ab. Doch solche publizistischen Differenzen zwischen den Ressorts sind für die „FAZ“ keineswegs ein Novum, zumal eine gewisse Meinungsvielfalt innerhalb des Blattes durchaus belebend wirken kann. Auch steht eine glasklare wirtschaftspolitische Positionierung einer meinungsbildenden Zeitung wie der „FAZ“ gut zu Gesicht. Das sollte aber nicht dazu führen, dass andere Positionen vollständig ausgeblendet oder gar unterdrückt werden.
Diese publizistischen Meinungsverschiedenheiten dürften bei der abrupten Trennung von Steltzner aber allenfalls nur am Rande eine Rolle gespielt haben. Der tiefere Grund für die Demission dürfte denn auch eher in einem persönlichen Zerwürfnis zwischen Steltzner und Kohler zu suchen sein, bei dem sich die anderen Herausgeber offensichtlich auf die Seite des Politik-Chefs geschlagen haben. Als dienstältester „FAZ“-Herausgeber verfügt Kohler noch über einen besonders privilegierten Anstellungsvertrag mit einer Laufzeit bis zum Erreichen des Rentenalters und einer fünfjährigen Kündigungsfrist zum Jahresende.
Steltzner hingegen war der erste „FAZ“-Herausgeber, dem nur noch ein schnöder 5-Jahresvertrag angeboten wurde. Die Rolle als „Herausgeber zweiter Klasse“ soll Steltzner nie ganz verknust haben. Er soll deshalb sogar beim Aufsichtsrat interveniert haben, allerdings ohne Erfolg. Als Favoritin für die Steltzner-Nachfolge gilt die wirtschaftspolitische Chefkommentatorin Heike Göbel. Sie wäre die erste Frau im „FAZ“-Olymp.