Immobilienfonds – Besser als ihr Ruf
"Viele Immobilienfonds haben harte Jahre hinter sich und einigen von ihnen steht eine noch härtere Zeit bevor. Wild gewordene so genannte Anlegeranwälte und eine öffentliche Wahrnehmung, die eher plakativ nivelliert als trennscharf differenziert, tragen indes dazu bei, eine solide Anlageklasse in Misskredit zu bringen. Eine detaillierte Analyse ist dringend geboten, meint Mario Leißner, deutscher Managing Partner der Sozietät King & Spalding.
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Viele Immobilienfonds haben harte Jahre hinter sich und einigen von ihnen steht eine noch härtere Zeit bevor. Wild gewordene so genannte Anlegeranwälte und eine öffentliche Wahrnehmung, die eher plakativ nivelliert als trennscharf differenziert, tragen indes dazu bei, eine solide Anlageklasse in Misskredit zu bringen. Eine detaillierte Analyse ist dringend geboten, meint Mario Leißner, deutscher Managing Partner der Sozietät King & Spalding.
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Bei den Geschlossenen Immobilienfonds führte die Krise zu einer in ihrem Ergebnis gesunden Bereinigung des Marktes, indem sie in qualitativer Hinsicht die Spreu vom Weizen trennte: Während Produkte mit Assets und Mietern hoher Qualität und solider Kapitalstruktur auf einem insgesamt labilen Markt relativ zu überzeugen vermochten, erlebten spekulative Produkte ein böses Erwachen. Nachdem dieses Ergebnis normaler Marktlogik folgt und von den Eigenarten des Vehikels weitgehend unabhängig ist, bleibt der Ruf der Geschlossenen Immobilienfonds als Investitionsstruktur weitgehend unbeschädigt.
Bei den Offenen Immobilienfonds ist ein differenziertes Bild zu zeichnen. Diejenigen Fonds, deren Struktur und Zusammensetzung sich im Einklang mit den ursprünglichen Ideen des Gesetzgebers befinden, sind weder in der Krise noch vom Aussterben bedroht; sie sind vielmehr – relativ zu ihrem Wettbewerb – gesund, gestärkt und voller Potenzial für die Zukunft, sofern und soweit sie veränderte Bedürfnisse und Interessen der Anleger adressieren. Es handelt sich bei diesen relativen Gewinnern um einerseits die „wirklichen“ Publikumsfonds, also diejenigen, deren Anlegerschaft sich zur Gänze aus Privatinvestoren zusammensetzt und die über ein funktionierendes eigenes Vertriebsnetz verfügen, und andererseits die Spezialfonds. Gerade Letztere haben an Attraktivität kaum eingebüßt, sind sie doch auf dem Immobilienmarkt vergleichsweise erfolgreich, steuerlich transparent und mit Blick auf ihren aufsichtsrechtlichen Rahmen prima vista sicherer als andere Investitionsstrukturen.
Enges regulatorisches Korsett
Originär von den Verwerfungen betroffen sind hingegen „lediglich“ diejenigen Publikumsfonds, zu deren Anlegern auch Institutionelle gehören bzw. solche, die über keinen flächendeckenden eigenen Vertrieb an das breite Publikum verfügen. In Mitleidenschaft wurden dann selbst Marktteilnehmer mit erfolgreichen Portfolien und nur einem geringen Anteil an institutionellen Investoren gezogen. Aufsichtsrechtliches Ergebnis der Verwerfungen und der ihnen folgenden gesetzgeberischen Aktivitäten ist eine generelle Verschärfung der Regulierung für praktisch sämtliche Arten von Fondssponsoren auf Anbieterseite und insbesondere für Publikumsfonds auf Strukturseite. Während das Investmentrecht den Spezialfonds ihre weitestgehende Flexibilität belässt, zieht es das regulatorische Korsett fester um Publikumsfonds, und zwar auch in Bereichen, die erkennbar nur wenig oder nichts mit der Krise und deren Ursachen zu tun haben.
Ein realistischer Ausblick auf den künftigen Markt der Immobilienfonds bedarf nicht nur des Blickes auf die augenscheinlichen Ergebnisse der einzelne Segmente betreffenden Krise, sondern erfordert ferner die Berücksichtigung von Markttendenzen, die mit der gegenwärtigen Marktverfassung nur wenig zu tun haben.
Der Bereich der Geschlossenen Immobilienfonds wird sich weiter in Richtung fokussierter bzw. maßgeschneiderter Produkte für einzelne Anlegergruppen entwickeln müssen. Die Initiatoren geschlossener Vehikel sehen sich verstärkt eigener Regulierung ausgesetzt und haben dieser ebenso zu begegnen wie zunehmender bzw. sich ändernder Regulierung ihrer institutionellen Teil-Zielgruppe. Die lupenreinen Publikumsfonds haben künftig damit umzugehen, dass sich das Privatanlegerpublikum von der jahrzehntelangen Idee der tatsächlich jederzeitigen Verfügbarkeit der Anteile bei gleichzeitig sämtlichen Vorteilen langfristigen Immobilien-engagements trennen muss. Dem Vertrieb wird nicht nur deshalb weiterhin eine entscheidende Bedeutung zukommen.
Quo vadis semi-institutionelle Publikumsfonds?
Die bestehenden semi-institutionellen Publikumsfonds, deren Anteilsrücknahme ausgesetzt ist und die sich nicht bereits in Liquidation befinden, haben eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen: Sie gehen entweder den Weg des vermeintlich geringsten Risikos, indem sie die – rechtlich zwingende – Beendigung der Verweigerung der Anteilsrücknahme nach Ablauf eines Gesamtzeitraums von zwei Jahren für nicht erreichbar halten und die Liquidation des Sondervermögens betreiben, was indes nicht nur dessen Existenz beendet, sondern unter Umständen auch den Bestand der Kapitalanlagegesellschaft in Frage stellen kann. Zweite Alternative ist das konsequente Hinarbeiten auf die Wiedereröffnung des jeweiligen Fonds. Hierfür spricht, sofern das Portfolio solide und dessen Fortsetzung es wert ist, ein sich verbesserndes Marktumfeld verbunden mit dem Umstand, dass der Fonds im Falle seiner erfolgreichen Wiedereröffnung weiterlebt und für den Anbieter und die Investoren weitere Erträge generiert. Das Risiko für den Fall der Wiedereröffnung besteht freilich darin, dass diese scheitert, weil die Liquidität des Fonds dann noch immer nicht oder nicht nachhaltig genügt, um rückgabewillige Anleger zu bedienen. Die Rechtslage in einem solchen Fall ist kompliziert und ohne Präzedenz, kann aber bei sachverständigem Herangehen zugunsten der Kapitalanlagegesellschaft und ihrer Anleger beherrscht werden.
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