Jörg Kukies – Wehrhafter Staatssekretär
BVR-Präsidentin Marija Kolak war auf ihrem traditionellen Frühlingsfest mit einer Rekordzahl an Gästen denn auch schwer beeindruckt von der Zugkraft ihres Gastredners, den sie herzlich empfing, ihn in ihrem Eingangsstatement aber sogleich wissen ließ, dass ihre 875 Volks- und Raiffeisenbanken keine Anhänger der Idee seien, durch staatliche Eingriffe nationale Champions zu schaffen. „Diese entstehen am Markt“, rief Kolak Kukies zu und gab dem Staatssekretär zugleich den Wunsch ihres Verbandes mit auf den Weg, die „Small Banking Box“ weiterzuverfolgen.
Dahinter verbergen sich regulatorische Erleichterungen für mittelständische und weniger komplexe Institute. Kukies zeigte sich empfänglich für weniger Regulatorik. So versprach er, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, in der durch die Einführung von Beratungsprotokollen überaus unflexibel gewordenen Anlageberatung Möglichkeiten zu schaffen, diese auch abzuwählen. „Wir brauchen Mechanismen, dass Kunden auch mal Nein sagen können.“ Kukies, der selbst seit langem Kunde der Volksbanken in Mainz und, wie er uns ergänzend sagte, auch in Wiesbaden ist, hatte sehr viel Lob für die Institute des BVR im Gepäck. 6,4 Mrd. Euro Vorsteuergewinn 2018, so Kukies, würden „zeigen, dass es geht“, auch bei Niedrigzinsen. Hinsichtlich Scholz und ihm unterstellten Absichten, bei einer möglichen Fusion von Deutscher und Commerzbank die Strippen zu ziehen, ruderte Kukies offiziell und erst recht im Zwiegespräch mit PLATOW zurück: „Diskussionen um Visionen sind schon immer privatwirtschaftliche Angelegenheit.“ Der Staat sorge für den regulatorischen Rahmen.
Angesichts überwältigender Kritik aus allen gesellschaftlichen Gruppen an der angeblich vom BMF betriebenen Großbankenfusion versuchte Kukies, die Schuld den Medien unterzuschieben. Nichts in den Berichten sei wahr. Insofern gebe es auch keinen Widerspruch zwischen BMF und der EZB, die zuletzt mit ihrem neuen Banken-Oberaufseher Andrea Enria in der „FT“ auf Konfrontationskurs zur deutschen Politik gegangen war. Ob es mit sauberer Corporate Governance vereinbar sei, dass Goldman Sachs die Commerzbank bei den Fusionsgesprächen berate, ließ Kukies unkommentiert. Auf jeden Fall nährt ein solch unglücklicher Umstand die zurzeit in Frankfurt und Berlin grassierenden Verschwörungstheorien.