Zentralbank

Kampf gegen Inflation – Wo bleibt die Fiskalpolitik?

Erstmals in der Geschichte der Eurozone ist die Inflation im August mit 9,1% über die Marke von 9% gestiegen und der Rekordanstieg der Euro-Erzeugerpreise im Juli um 37,9% lässt keinen Zweifel, dass der ungehemmte Preisauftrieb weiter anhalten wird. Am Donnerstag (8.9.) trifft sich der EZB-Rat zu seiner nächsten Zinssitzung. Angesichts der neuen Inflationsrekorde könnte sich die von den Falken getriebene EZB-Präsidentin Christine Lagarde sogar zu einem „Riesenzinsschritt“ von 0,75 Prozentpunkten durchringen, wie ihn die US-Notenbank Fed zuletzt gleich zweimal vorgemacht hat.

Doch ausgemacht ist das keineswegs. In ihrem Kampf gegen die Teuerung ist die EZB jedoch auch auf die Unterstützung durch die Fiskalpolitik angewiesen. Es würde uns deshalb auch nicht wundern, wenn Lagarde in ihrem Statement am Donnerstag einen entsprechenden Appell an die Politik richten würde. Dabei stecken die Regierungen allerdings in einem ähnlichen Dilemma wie die Notenbanken. Angesichts der rasant gestiegenen Energiepreise erwarten Bürger und Unternehmen von der Politik staatliche Hilfsprogramme, die jedoch ihrerseits die Inflation weiter anheizen. Das würde die EZB zwingen, die Leitzinsen noch stärker anzuheben, um die Inflation zu brechen.

In seiner kurzen, aber umso prägnanteren Grundsatzrede auf der Zentralbank-Konferenz in Jackson Hole Ende August hatte Fed-Präsident Jerome Powell offen den Finger in die Wunde gelegt. Um der Inflation Herr zu werden, muss die Fed die Zinsen aggressiv erhöhen, auch wenn dies ein Abrutschen der Wirtschaft in die Rezession zur Folge hat, machte Powell deutlich. Gehe die Notenbank in der Bekämpfung der Inflation zu zögerlich vor, um eine Rezession zu vermeiden, würden die volkswirtschaftlichen Kosten nur noch höher ausfallen.

Im Klartext: Geld- und Fiskalpolitik stehen vor der Wahl Rezession oder Inflation. Doch diese Wahrheit scheut die Politik in Deutschland und Europa offen auszusprechen. Dabei hat eine galoppierende Inflation ein noch viel größeres gesellschaftliches Sprengpotenzial als eine Rezession. Die Politik wäre denn auch gut beraten, ihre Hilfsmaßnahmen auf die wirklich bedürftigen Haushalte und Unternehmen zu begrenzen, um die Zinspolitik der EZB nicht zu konterkarieren. Große Konjunktur-Programme wie in der Corona-Krise wären angesichts der hohen Inflation kontraproduktiv. Das gilt erst recht, da in der Pandemie die Staatsverschuldung ohnehin schon neue Höchstwerte erreicht hat.

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