Geldpolitik

Karlsruhe und die EZB – Rechtsprechung für das deutsche Gemüt

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Natürlich hätte es sich das Bundesverfassungsgericht auch leicht machen und die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der unbegrenzten Anleihenkäufe der EZB auf den Europäischen Gerichtshof abladen können. So zweifelte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei der Anhörung in Karlsruhe die Zuständigkeit des deutschen Verfassungsgerichts für das EZB-Anleihenkaufprogramm OMT an.

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Doch das entspricht nicht dem Selbstverständnis der roten Roben, die mit der zunehmenden Verlagerung nationaler Kompetenzen auf die EU-Ebene auch um ihre eigene Bedeutung bangen müssen. Zudem ist das Bundesverfassungsgericht als oberster Hüter der nationalen Souveränität zur Projektionsfläche vieler Bürger geworden, denen die wachsende Macht Brüssels und der europäischen Institutionen schon lange nicht mehr geheuer ist. Genau diese Befindlichkeit bedient denn auch das Verfassungsgericht mit dem EZB-Verfahren, zu dem Karlsruhe so prominente Rettungskritiker wie ifo-Chef Hans-Werner Sinn oder Ex-Bundesbank-Vize Franz-Christoph Zeitler als Sachverständige geladen hat.

Die starke Präsenz der offenen Kritiker der EZB-Politik auf der Zeugenbank dient denn auch vor allem dem Zweck, die Autorität des Karlsruher Richterspruchs gerade in den Bevölkerungskreisen zu untermauern, denen die ganze Euro-Rettungspolitik gegen den Strich geht. Denn letztlich werden es die Verfassungsrichter nicht wagen, das OMT-Programm zu kippen. Hätte Karlsruhe doch dann auch die Verantwortung für einen möglichen Kollaps der Euro-Zone und der Finanzmärkte an der Backe. Die salomonische Kunst der Verfassungsrichter wird denn auch darin bestehen, die Position der OMT-Kritiker in ihrem Urteil gebührend zu würdigen, ohne das Ankaufprogramm der EZB zu beschädigen. So war es auch ein kluger Schachzug von EZB-Präsident Mario Draghi, seinen deutschen Direktoriumskollegen Jörg Asmussen als Widerpart zu Bundesbank-Präsident und OMT-Chefkritiker Jens Weidmann ins Rennen zu schicken. Tritt Draghi damit doch dem Eindruck entgegen, die EZB sei eine von Italienern und anderen Südländern dominierte Institution, die auf
Kosten des deutschen Steuerzahlers Rettungspolitik betreibe.

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