Zentralbank

Lagarde setzt sich an die Spitze der Bewegung

Wie eine Getriebene wirkte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Nur sehr zögerlich im EZB-Rat reagierte Lagarde bislang auf die hartnäckig hohe Inflation in der Eurozone. Zuletzt ist jedoch der Druck der Falken im EZB-Rat rapide gestiegen.

Gut zweieinhalb Wochen vor der nächsten EZB-Ratssitzung am 9.6. in den Niederlanden versucht die Französin deshalb, die Initiative zurückzugewinnen und sich quasi an die Spitze der Bewegung zu stellen. In einem Blog-Beitrag auf der EZB-Homepage skizzierte Lagarde ihren Fahrplan für die Zinswende und den weiteren Zinspfad. Dabei schließt die EZB-Chefin auch große Zinsschritte um 0,5 Prozentpunkte nach dem Vorbild der US-Notenbank Fed nicht mehr aus, sollte etwa ein Entankern der Inflationserwartungen drohen. Zudem eröffnete Lagarde die Debatte um ein Abschmelzen der von den Anleihekäufen aufgeblähten EZB-Bilanz.

Damit geht die EZB-Präsidentin einen großen Schritt auf die Falken-Fraktion um Bundesbank-Präsident Joachim Nagel und seinen niederländischen Amtskollegen Klaas Knot zu, der kürzlich die Option eines großen Zinsschritts ins Spiel gebracht hatte. Offensichtlich will Lagarde im Vorfeld der nächsten Zinssitzung die Reihen schließen, um ein möglichst starkes und einstimmiges Signal aus den Niederlanden zu senden. Bestärkt haben dürfte Lagarde dabei auch der aktuelle ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland, der im Mai das zweite Mal in Folge gestiegen ist. Demnach bleibt die größte Volkswirtschaft der Eurozone zumindest derzeit von einer Rezession verschont, wie ifo-Präsident Clemens Fuest diagnostiziert.

Lagardes Fahrplan zufolge wird die EZB „sehr früh“ im dritten Quartal ihre Anleihekäufe einstellen. Dies würde, wie von den Märkten erwartet, eine erste Zinsanhebung im Juli ermöglichen. Schon Ende September könnten dann die negativen Zinsen Geschichte sein. Für die nächsten Zinsschritte soll der mittelfristige Inflationsausblick den Ausschlag geben. Wenn sich die Inflation mittelfristig auf dem EZB-Zielwert von 2% stabilisiert, sei eine weitere schrittweise Normalisierung der Zinsen in Richtung des nicht näher definierten neutralen Zinssatzes angemessen, zeichnete Lagarde den Zinspfad vor. Allerdings könnten weder das Tempo noch die Endstufe der Zinsanpassung im Vorhinein festgelegt werden.

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