Geldpolitik

Leerverkäufe – Regulierungswelle überrollt auch die Regulierer

Am 26.3.12 ist die zweite Stufe der deutschen Leerverkaufsregulierung in Kraft getreten. Mit dem „Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte“ vom 10.7.10 wurde neben dem Verbot von ungedeckten Leerverkäufen in Aktien und bestimmten Schuldtiteln (§ 30h WpHG) eine Melde- und Veröffentlichungspflicht eingeführt. § 30i WpHG verlangt seit kurzem eine Meldung von Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien ab einer Höhe von 0,2% an die BaFin. Die an sich recht komfortable Umsetzungsfrist von 20 Monaten sollte laut Gesetzesbegründung die Implementierung der neuen Anforderungen durch Schaffung entsprechender Systeme ermöglichen. „Leider wurde die Frist nicht genutzt“, so Manuel Lorenz, Kapitalmarktrechtspartner bei Baker & McKenzie.

Die so genannte Netto-Leerverkaufspositionsverordnung (NLPosV), die viele Details regelt, stand erst am 8.3.12 im Bundesgesetzblatt. Die elektronische Meldeplattform wurde nur wenige Tage vor Inkrafttreten freigeschaltet. Die NLPosV sieht vor, dass sich die Meldepflichtigen zunächst auf der Plattform anmelden. „Vor allem ausländische Investoren waren überfordert, zumal die Struktur vieler ausländischer Fonds in den Datenfeldern und den geforderten Unterlagen nur sehr unzureichend abgebildet werden kann, was zu Rückfragen führte“, so Lorenz weiter. Auch eine englischsprachige Bedienungsanleitung für die Plattform wurde erst nach einigen Tagen nachgereicht.

Und damit nicht genug. „Wenn die Position 0,5% überschreitet, muss dies veröffentlicht werden“, erläutert Lorenz. „Das geht aber nicht über die Meldeplattform der BaFin, sondern nur über den Bundesanzeiger. Dort muss man sich erneut anmelden.“ Ein Aufwand, der laut Lorenz ohnehin vollkommen unnötig ist. „Am 1. November wird das deutsche Reglement außer Kraft treten und durch eine EU-Verordnung ersetzt“, so der Kapitalmarktrechtsexperte. „Die EU orientiert sich zwar am deutschen System, aber im Detail ergeben sich Unterschiede.“

Die dazugehörigen delegierten Rechtsakte sind übrigens auch noch nicht existent. Diese kommen von der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA), so dass die deutschen Systeme wohl kaum 1:1 übernommen werden können. „Also geht es für unsere Mandanten im November zurück auf ‚Los’“, stellt Lorenz fest, „eine späte Folge des damaligen Vorpreschens des deutschen Gesetzgebers.“

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