Geldpolitik

Mario Draghi – Der Eisbrecher in Davos

Ein katastrophaler Jahresstart an den internationalen Aktienbörsen. Ein ins Bodenlose fallender Ölpreis und ratlose Politiker, die der Flüchtlingskrise nicht Herr werden. Die Stimmung der nach Davos gepilgerten Top-Manager hätte beim 46. World Economic Forum zunächst gedrückter kaum sein können.

Doch dann schwebte am Freitag kurz vor Schluss wie eine Lichtgestalt EZB-Präsident Mario Draghi auf die Bühne in Davos und brach das Eis. Konkrete Beschlüsse hatte der EZB-Rat tags zuvor zwar nicht gefasst, aber mit seiner demon-strativen Entschlossenheit, die Inflationsrate wieder an den Zielwert von knapp 2% heranführen zu wollen, und gezielten Andeutungen zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik nährte Draghi die Hoffnung, die Zentralbank könnte bei ihrem Anleihekaufprogramm doch noch einmal nachlegen.

Damit hatte Draghi den Spannungsbogen für seinen Auftritt in Davos gespannt, um die verzagten Eliten aus ihrer Lethargie zu reißen. Tatsächlich ließen auch die nach einem Stimmungsaufheller lechzenden Märkte den EZB-Chef nicht im Stich. Der DAX zeigte sich zum Wochenschluss freundlich, der Euro schwach und sogar das Öl spielte mit steigender Notiz mit. Einmal mehr zeigte sich, dass die Märkte noch immer ganz im Bann der Notenbanken verfangen sind.

Die Reaktionen dürften nicht zuletzt auch Balsam für Draghi selbst gewesen sein, der nach den verunglückten Dezember-Beschlüssen des EZB-Rats fast wie ein Zauberlehrling wirkte, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wurde. Da erstaunte es nicht mehr sonderlich, dass der vom selbst entfachten Rückenwind beflügelte Draghi in Davos sogar die Flüchtlingskrise als einmalige Chance für Europa verkaufte. Durch den Zustrom seien die Regierungen gezwungen, deutlich mehr Geld als geplant auszugeben. Die Flüchtlingskrise wirke somit wie ein großes europäisches Konjunkturprogramm.

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