Mario Draghi spricht uns Deutschen aus der Seele
"Viele Deutsche tun sich noch schwer, mit Mario Draghi einen Italiener an der Spitze der EZB zu akzeptieren. Wenn es eines Nachweises bedurft hätte, dass der in ihren Statuten eindeutig festgeschriebene geldpolitische Auftrag der EZB, dauerhaft für stabiles Geld zu sorgen, bei Draghi in besten Händen ist, dann hat ihn der neue EZB-Präsident gestern in Berlin geliefert.
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Viele Deutsche tun sich noch schwer, mit Mario Draghi einen Italiener an der Spitze der EZB zu akzeptieren. Wenn es eines Nachweises bedurft hätte, dass der in ihren Statuten eindeutig festgeschriebene geldpolitische Auftrag der EZB, dauerhaft für stabiles Geld zu sorgen, bei Draghi in besten Händen ist, dann hat ihn der neue EZB-Präsident gestern in Berlin geliefert.
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Unterstrichen wurde dieser Eindruck durch die Symbolik: Seine erste Rede im neuen Amt hielt Draghi nämlich im Rahmen der IX. Ludwig-Erhard-Lecture zu Ehren von Hans Tietmeyer, mit der die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ihren Mitbegründer zu dessen 80. Geburtstag nachträglich ehrte. Erhard wie Tietmeyer waren und sind die beiden „Leuchttürme“ des deutschen Verständnisses eines derzeit in Europa zuweilen schmerzlich vermissten zuverlässigen Ordnungsrahmens und das berühmte Erhard‘sche Zitat von der „Inflation als entschädigungsloser Enteignung zu Gunsten der öffentlichen Hand“, das der Gastgeber in großen Lettern an die Wand geworfen hatte, vor der Draghi sprach, ließ letzte Zweifler verstummen.
Draghi wie Tietmeyer, der als deutscher Stabilitätspapst gilt, erinnerten in ihren Reden an die zahllosen Begegnungen bei der Vorbereitung der Währungsunion in den 90er-Jahren. Aus Arbeitskollegen seien schließlich Freunde geworden, so Tietmeyer, der Draghi in seiner Dankesrede mit dem Hinweis adelte, dass auch dieser uneingeschränkt für „Consistency, Continuity und Credibility“ stehe, jene drei C‘s, für die sich Tietmeyer in seiner aktiven Zeit stets stark gemacht hatte und die er auch heute noch bei fast all seinen öffentlichen Auftritten erwähnt.
Draghi warb um Verständnis für die jüngsten Beschlüsse der EZB. Die expansive Geldpolitik sei keine Abkehr vom Stabilitätspfad. Die umfangreichen Liquiditätshilfen für die Banken müssten in Europa mit seinen kreditabhängigen Unternehmen und Privathaushalten sein, um zu verhindern, dass die akuten Störungen im Bankensektor auf die Realwirtschaft übergreifen. Unter Bezugnahme auf die von ihm ausdrücklich begrüßten Beschlüsse des Brüsseler Gipfels forderte er die Regierungen auf, bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen und den Strukturreformen nicht nachzulassen. Im kommenden Jahr werde sich das Staatsdefizit im Euroraum nahe Null bewegen, in Japan, UK und USA hingegen 5% betragen. Damit die Märkte solche Zahlen nicht länger ignorieren und ihr „Overshooting“ aufgeben, sei viel Vertrauen erforderlich, das hart erarbeitet werden müsse. So und nicht anders hätte auch Jens Weidmann, unser deutscher Bundesbank-Präsident, argumentiert. Auch Draghi hält, wie er in der von Heike Göbel („FAZ“) moderierten Diskussion betonte, nichts von Quantitative Easing amerikanischen Stils in der Eurozone. Ähnlich wie Weidmann verweist er auf die völlig unterschiedlichen Mandate von Fed und EZB.
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