Geldpolitik

Nach Merkel lässt auch Asmussen Weidmann im Regen stehen

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Es ist Jörg Asmussen sicher nicht leicht gefallen, seinem Studienkollegen und engen Mitstreiter in den Tagen der großen Koalition, Jens Weidmann, öffentlich in den Rücken zu fallen. Doch der Kampf gegen die Euro-Krise nimmt auch auf Freundschaften keine Rücksicht.

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Als Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel und Staatssekretär des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück zogen Weidmann und Asmussen auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise nach dem Lehman-Schock für ihre Chefs die Fäden. Das eingespielte Duo sorgte dafür, dass Kanzleramt und Finanzministerium mit einer Stimme sprachen. Inzwischen haben beide in der Geldpolitik Karriere gemacht, Weidmann als Bundesbank-Präsident, Asmussen als EZB-Direktoriumsmitglied.

Wohl aus Loyalität gegenüber Weidmann hatte sich Asmussen lange aus der Debatte über den vom Bundesbank-Präsidenten gebetsmühlenartig kritisierten Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB herausgehalten. Bei der wichtigen EZB-Sitzung am 2.8., auf der Präsident Mario Draghi seinen Plan für eine konzertierte Aktion der Notenbank mit den Rettungsschirmen EFSF und ESM zur Begrenzung der Renditen für spanische und italienische Staatsanleihen präsentierte, fehlte Asmussen als einziges Ratsmitglied. Eine geschickte Urlaubsplanung bewahrte Asmussen davor, zusammen mit der Ratsmehrheit gegen Weidmann zu stimmen.

Doch jetzt hat Asmussen in einem „FR“-Interview sein Schweigen gebrochen und sich klar auf die Seite Draghis geschlagen. Dabei ließ der EZB-Direktor unmissverständlich erkennen, dass er nicht bloß aus purer Pflichtschuldigkeit, sondern vielmehr aus inhaltlicher Überzeugung hinter seinem Präsidenten und damit gegen Weidmann steht. Angeblich soll Asmussen sogar zwischen Draghi und Merkel vermittelt haben. Denn ohne das Plazet der Kanzlerin wäre eine konzertierte Aktion von EZB und EFSF/ESM nicht möglich, verfügt Deutschland in den Rettungsfonds doch über ein Veto-Recht. Damit steht Weidmann nicht nur im EZB-Rat auf einsamem Posten, sondern auch im Kanzleramt. Doch selbst wenn er wollte, aus dieser Ecke kommt Weidmann nicht mehr heraus, will er seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren. Während der Pragmatiker Asmussen, der in der Berliner Ministerialbürokratie groß geworden ist, vor allem den Erhalt des Euro, die Macht- und Existenzgrundlage der EZB, im Blick hat, sorgt sich Weidmann, der die Bundesbank-Philosophie quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat, um die Unabhängigkeit als dem höchsten Gut der Notenbank.

Noch am gleichen Tag revanchierte sich Weidmann im aktuellen Monatsbericht, in dem die Bundesbank ihre Kritik an Staatsanleihen-Käufen durch die EZB bekräftigte. Die Märkte reagierten daraufhin umgehend mit Kursverlusten bei Aktien und Staatsanleihen. An den Märkten hat die Stimme der Bundesbank offensichtlich nach wie vor Gewicht – sehr zum Verdruss nicht weniger Euro-Zentralbanker.

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