Geldpolitik

Sanierung ohne Ad-hoc-Pflicht

Unternehmen in Schieflage sollen künftig auf nachteilige Ad-hoc-Mitteilungen verzichten dürfen. Absolute Vertraulichkeit soll Vorstände und Aufsichtsräte ermuntern, frühzeitig eine Sanierung anzugehen und dazu ein geplantes neues vorinsolvenzliches Verfahren zu nutzen. Im Herbst will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die entsprechende Änderung im Insolvenzrecht vorlegen.

Eine diskrete Sanierung ohne Ad-hoc-Mitteilung ist aber schon heute möglich. „Das deutsche Recht kennt bereits eine allgemeine Befreiungsregelung, die auf einer europäischen Richtlinie beruht“, sagt Stephan R. Göthel, Partner der internationalen Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. Sie wird in Sanierungsfällen auch genutzt. So verzichtete der frühere HRE-Chef Axel Wieandt auf eine eigentlich vorgeschriebene öffentliche Mitteilung, nachdem sich der Bankenrettungsfonds SoFFin für eine Stabilisierung des in Schieflage geratenen Instituts entschieden hatte. Wieandt befürchtete, dass die Märkte die zugesagte Rettungsaktion kurzfristig noch vereiteln könnten.

Abgesichert ist die Selbstbefreiung von der Ad-hoc-Mitteilung durch § 15 Abs. 3 WpHG. Sie ist möglich für laufende Verhandlungen auch in Nicht-Sanierungsfällen. Akzeptiert wird Vertraulichkeit auch bei der Neuentwicklung von Produkten, Patenten oder Erfindungen, die eine Selbstbefreiung zum Beispiel bis zur Patentanmeldung rechtfertigen.

In der Praxis empfiehlt sich ein Beschluss des Vorstands, in dem die Gründe für die Selbstbefreiung so konkret wie möglich aufgeführt werden. Die Begründung muss drei Kriterien erfüllen: „Die Selbstbefreiung ist nur dann möglich, wenn sie zum Schutz der berechtigten Interessen der Gesellschaft erforderlich ist, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und die Gesellschaft die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann“, erklärt Gesellschaftsrechtler Göthel. Der Beschluss wird erst später mit der Ad-hoc-Mitteilung lediglich der BaFin übermittelt und bleibt damit vertraulich.

Dennoch ist es nach Ansicht des Insolvenzrechtsexperten Matthias Kampshoff, Partner bei Taylor Wessing, schon zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten in der praktischen Handhabung richtig, wenn der Gesetzgeber die Ad-hoc-Pflicht bei Sanierungsverfahren ausdrücklich aussetzt: „Eine vorzeitige Bekanntmachung dürfte Gläubiger und Kunden zu einschneidenden Maßnahmen bis hin zur Einstellung der Geschäftsbeziehung veranlassen.“ Eine erfolgreiche Sanierung dürfte dann kaum mehr möglich sein.

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