Geldpolitik

Schattenbanken im Fokus der EU

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Im Zuge der fortschreitenden Finanzmarktregulierung gerät auch der Nichtbankensektor in den Fokus des europäischen Regulators. Stabilität, Transparenz und Kontrolle sollen auch im „Schattenbankenwesen"" verbessert werden, also dem „System der Kreditvermittlung, an dem Unternehmen und Tätigkeiten außerhalb des regulären Bankensystems beteiligt sind"". Dies soll verhindern, dass Banken und andere Finanzintermediäre versuchen, die verschärfte Bankenregulierung zu umgehen, indem sie ihre Tätigkeiten in den weniger streng regulierten Schattenbankenbereich verlagern, so Andres Prescher von KPMG Law.

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So sollen nun auch die von den bisherigen Finanzmarktregelungen weitgehend ausgenommenen Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (Securities Financing Transactions, „SFTs““) einer umfassenden Regulierung unterzogen werden. SFTs sind Geschäfte, bei denen Wertpapiere zur Generierung von Finanzierungsmitteln eingesetzt werden, insbesondere die sogenannte Wertpapierleihe (Securities Lending) und Wertpapierpensionsgeschäfte (Repurchase Agreements). Aufbauend auf den Vorschlägen des Finanzstabilitätsrates aus dem Jahr 2013 hatte die EU-Kommission daher bereits Anfang 2014 den Entwurf einer Verordnung über die Meldung und Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften („SFT-Verordnung““) veröffentlicht. Am 17.6.2015 einigte sich nun der Ausschuss der Ständigen Vertreter im Namen des Rates mit dem Europäischen Parlament auf einen gemeinsamen Entwurf der SFT-Verordnung.

1. Anwendungsbereich

Die SFT-Verordnung gilt für alle EU-ansässigen Gegenparteien von SFTs unabhängig davon, ob diese dem Schattenbankensektor zuzurechnen sind. Betroffen sind damit unter anderem Banken, Broker, Investmentfonds, Versicherungsgesellschaften und Unternehmen der Realwirtschaft. Erfasst sind neben SFTs (insbesondere Wertpapierpensionsgeschäfte, Wertpapier- oder Warenleihgeschäfte, „Buy-sell back““- oder „Sell-buy back““-Geschäfte sowie Lombardgeschäfte) auch Total Return Swaps.

2. Regelungsinhalt

Die SFT-Verordnung sieht im Wesentlichen drei Kernpflichten vor: die Meldung von SFTs an zentrale Melderegister, Informationspflichten für Investmentfonds gegenüber ihren Anlegern und verschärfte Anforderungen an die Weiterverwendung von Sicherheiten. Nach der vom Rat veröffentlichten – wenn auch noch vorläufigen – Kompromissposition stellen sich diese Pflichten folgendermaßen dar:

a) Meldung von SFTs: Gegenparteien müssen Details zum Abschluss von SFTs – ebenso wie deren Änderung oder Beendigung – bis zum Ende des folgenden Arbeitstages an zentrale Melderegister melden. Die Meldung kann delegiert werden. Zu melden sind unter anderem die Parteien des Geschäfts, sein Nennwert, Währung, Art, Qualität und Wert der Sicherheit, Details zur Weiterverwendung der Sicherheiten, Rückkaufsatz/Leihgebühr und Fälligkeitstermin. Unterlagen müssen mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden.

b) Transparenz von SFTs: Verwaltungsgesellschaften von OGAW, OGAW-Investmentgesellschaften und AIFM müssen Anleger über die Nutzung von SFTs informieren. Den Anlegern müssen vorvertragliche und periodische Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die vorvertraglichen Informationen sollen in den Verkaufsprospekt aufgenommen werden und beinhalten beispielsweise Angaben zu den von Investmentfonds getätigten SFTs, deren maximalen sowie erwarteten Anteil am verwalteten Vermögen, Kriterien für die Auswahl von Gegenparteien, akzeptierten Sicherheiten, Bewertungsmethoden für den Wert der Sicherheiten, dem Risikomanagement und der Verwendung der durch die SFTs generierten Gewinne. Die periodischen Informationen sollen in den Jahresbericht aufgenommen werden, bei OGAW zusätzlich auch in den Halbjahresbericht. Sie umfassen unter anderem allgemeine Angaben zu Betrag und Anteil der SFTs an den verwalteten Vermögenswerten, den zehn wichtigsten erhaltenen Sicherheiten und Gegenparteien, zur Weiterverwendung von Sicherheiten sowie aggregierte Transaktionsdaten für jede einzelne Art von SFTs.

c) Verschärfte Anforderungen für die Weiterverwendung von Sicherheiten: Die Weiterverwendung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten (etwa in Form einer Weiterverpfändung) ist nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Der Sicherheitengeber wurde schriftlich über die Risiken und Folgen einer Weiterverwendung (insbesondere bei Ausfall der die Sicherheit empfangenden Partei) informiert.
  • Er hat der Weiterverwendung vorab ausdrücklich schriftlich zugestimmt oder sich ausdrücklich bereiterklärt, die Sicherheit im Wege der Vollrechtsübertragung zu stellen.
  • Die als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumente werden vom Konto des Sicherheitengebers übertragen.

3. Ausblick und nächste Schritte

Nach Billigung durch das Europäische Parlament und Annahme durch den Rat wird die europäische Wertpapieraufsicht
ESMA weitere Konkretisierungen erarbeiten. Die SFT-Verordnung wird am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten und in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein. Übergangsfristen für einzelne Regelungen sind
noch in Diskussion. Finanzinstitute und andere Akteure sollten die Entwicklung im Auge zu behalten, um rechtzeitig die entscheidenden Weichen stellen zu können.

 

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