Bankensektor

Schulterklopfen aus Paris für die BaFin

Der Untergang von Wirecard vor vier Jahren war ein großes Desaster für den Finanzstandort Deutschland, die Politik – und auch die Aufsicht. Zu lange wollte man Medienberichten nicht glauben, zu lasch waren die Kontrollmechanismen. Seitdem hat sich freilich einiges getan. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist mächtiger geworden. Aber wurden auch Strukturen geschaffen, die ein zweites Wirecard verhindern können?

Die Europäische Finanzmarktaufsicht (ESMA) hat genau das untersucht und darüber jetzt auf 33 Seiten berichtet, mit detaillierten Einblicken in die neuen Abläufe bei der BaFin. Die EU-Behörde mit Sitz in Paris lobt die neuen Regelungen zur Bilanzkontrolle in Deutschland, ein Unbedenklichkeitssiegel stellt sie aber nicht aus.

Zum Zeitpunkt des Wirecard-Skandals sei die BaFin nicht unabhängig genug gewesen, schreibt die ESMA. In einem ersten Bericht hatte sie bereits u. a. die internen Kontrollmechanismen der Behörde als zu lasch bezeichnet. Der Hauptkritikpunkt aber war ein anderer: Für die Bilanzkontrolle war die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) verantwortlich – eine Selbstregulierungsinstitution der Privatwirtschaft.

Erst in zweiter Instanz durfte die BaFin überhaupt tätig werden. Dieser Mechanismus ist längst Geschichte. Die BaFin ist heute alleine verantwortlich für die Kontrolle. Die DPR, die bis zu 16 Monate gebraucht haben soll, um Wirecard erfolglos zu überprüfen, gibt es nicht mehr. Einige der Mitarbeiter hat die BaFin direkt übernommen. Zudem baut die Behörde ihre Einheit zur Bilanzkontrolle aus. 60 Mitarbeiter sollen es noch in diesem Jahr werden. Stand 31. März waren es bereits 51, wie der ESMA-Bericht zeigt. Eine neue Zahl will die BaFin gegenüber PLATOW nicht nennen.

Zudem gibt es ein Kontrollsystem für die eigenen Mitarbeiter. Auch hat die BaFin ein Modell mit 33 Risiko-Indikatoren entwickelt, nach welchem sie Bilanzen überprüfen will. Veröffentlicht werden sollen die nicht, „da dies Effektivität und Integrität der Aufsichtstätigkeit beeinträchtigen könnte”, teilte ein BaFin-Sprecher dazu mit.

Die heutige BaFin hat darüber hinaus mehr Instrumente zur Hand. Sie darf Durchsuchungen durchführen, Geräte beschlagnahmen, Personen laden und vernehmen. Im europäischen Behördensprech klingt das dann so: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der überarbeitete Aufsichtsrahmen die Empfehlungen der FTPR aufzugreifen scheint, aber noch vollständig und wirksam umgesetzt werden muss.” Das Kürzel FTPR steht dabei für den ersten ESMA-Bericht über die Aufsichtsstrukturen in Deutschland.

Übersetzt heißt das alles so viel wie: Deutschland und insbesondere die BaFin seien auf einem guten Weg. jan

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