Tsipras hat innenpolitisch jetzt den Rücken frei für Zugeständnisse
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Mit dem klaren Sieg bei dem Referendum am vergangenen Sonntag hat Griechen-Premier Alexis Tsipras seine Machtbasis vor allem im eigenen Lager gestärkt. Tatsächlich wirkte Tsipras nach dem Scheitern der Verhandlungen mit den Gläubigern wie ein Getriebener, der kaum eine Chance sah, die Reformforderungen der Geldgeber durch das griechische Parlament zu bringen.
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So paradox es klingen mag, aber ausgerechnet das unerwartet deutliche Votum gegen das Reformprogramm der Gläubiger könnte die Tür für einen nachhaltigen Kompromiss mit Athen aufstoßen. Denn auch Tsipras weiß, dass er frische Rettungsmilliarden und Schuldenerleichterungen nicht zum Nulltarif bekommen wird. Mit dem gewonnenen Referendum in der Tasche verfügt Tsipras jetzt aber über deutlich bessere Chancen, auch unangenehme Entscheidungen gegen die Hardliner in den eigenen Reihen durchzusetzen.
Die Griechen erwarten von Tsipras vor allem, dass er die sich täglich verschärfenden Probleme des Landes löst. Ein abermaliges Scheitern der Verhandlungen mit den Gläubigern werden die Griechen ihrem Premier wohl nicht noch einmal verzeihen. Finanzminister Wolfgang Schäuble, der von der Unionsfraktion für seine harte Haltung gefeiert wird, hat denn auch den Druck schon einmal erhöht und die Latte für einen Kompromiss nach oben geschraubt. Nicht nur Tsipras, auch Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel müssen die Befindlichkeiten ihrer eigenen Truppe im Auge behalten. Das dürfte wohl auch der Hintergrund für Schäubles Verdikt sein, dass ein Schuldenschnitt nicht in die Tüte kommt.
Einiges spricht indes dafür, dass Tsipras diesmal wirklich an einem Kompromiss mit den Gläubigern interessiert ist. Offensichtlich als Geste der Versöhnung hat Tsipras nur einen Tag nach seinem Referendumstriumph den in der Eurogruppe verhassten Finanzminister Yanis Varoufakis in die Wüste geschickt und sogar die Opposition ins Boot geholt. Auch scheint die griechische Regierung die beim Referendum noch in Bausch und Bogen verdammten Reformvorschläge der Gläubiger mittlerweile weitgehend zu akzeptieren. Um das völlig zerrüttete Vertauensverhältnis zwischen den Gläubigern und Athen zu kitten, muss Tsipras als Vorleistung schleunigst erste Reformen durchs Parlament drücken. Dann könnte die EZB den griechischen Banken auch wieder mehr Luft zum Atmen geben. Bei den Verhandlungen sollte dann auch ein an Reformen geknüpfter Schuldenschnitt möglich sein.
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