Interessenverband

Viel Frust auf dem Arbeitgebertag

In Krisen werden Branchentreffs zum Spießrutenlauf für Politiker. So auch der „Deutsche Arbeitgebertag“, auf dem Hausherr Rainer Dulger in Berlin gestern den Ampel-Gesandten Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner die Leviten las.

Von der „dramatischen Konjunkturlage“, „heftigen Lieferengpässen“ und sehr realer Rezessionsangst des Mittelstandes wusste der BDA-Präsident wortgewandt zu berichten. Der Energiekurs der Ampel fühle sich indes an wie auf der „Titanic“, erklärte Dulger: Alle Rettungsboote werden über Bord geworfen, hoffend, dass es vielleicht doch nicht so schlimm komme.

Das tragische Schicksal des Ozeandampfers ist bekannt, womit über die Kluft zwischen den Unternehmern und der Regierung auf dem Arbeitgebertag alles gesagt wäre. In diesem Setting hatte es der Kanzler schwer. Zwar rief Scholz dazu auf, die Krise gemeinsam zu überwinden und lobte, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften am Donnerstag erneut in der konzertierten Aktion zusammenkämen, um Auswege aus der Inflation zu finden. Seine energiepolitischen Zusicherungen zu temporär verlängerten AKW-Laufzeiten im Süden sowie zu Fortschritten bei den LNG-Terminals im Norden verfingen beim Publikum trotzdem nicht. Scholz stellte vor allem auf diesen Winter ab, über „den wir wohl kommen werden“. Dabei ist es bereits der nächste Winter und die Frage, ob es viele von hohen Kosten und Lohnforderungen bedrohte Betriebe überhaupt schaffen, was die Unternehmer umtreibt.

Habeck, der mit seinem Wirtschaftsministerium zum Blitzableiter der Frustrationen mutiert, wählte vor Ort unterdessen die Flucht nach vorn. Er sei nicht angetreten, um populäre, sondern die angemessenen und richtigen Entscheidungen zu treffen, konterte er seinen Kritikern. Mit der Strompreisbremse, die er bis Ende des Jahres ins Gesetzblatt zu heben hofft – auch wenn das „äußerst anspruchsvoll“ sei –, versuchte Habeck dann aber doch die Wogen zu glätten.

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