Zentralbanken

Warum die EZB im Oktober wohl die Zinsen senkt

Als die EZB vor zwei Wochen die Zinsen senkte, galt ein weiterer Schritt im Oktober noch als unwahrscheinlich. Ratsmitglieder wie der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann oder der litauische EZB-Vertreter Gediminas Simkus äußerten sich skeptisch. Inzwischen sind die Chancen nach dem großen Schritt der Fed gestiegen.

26. September 2024
Die EZB in Frankfurt
© CC0

Investoren preisen einen Zinsschritt mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 60% ein. Auch Äußerungen von Notenbankvertretern hinter vorgehaltener Hand deuten darauf hin. Das hat drei Gründe: Erstens liegt es an der schwachen Wirtschaft und den erneut miesen Stimmungsindikatoren. Bereits als die EZB am 12. September tagte, schraubte sie ihre Wachstumsprognosen herunter und hob bestehende Risiken hervor. Seither gab es weitere Warnsignale. So verschlechterte sich der Einkaufsmanagerindex für den Währungsraum überraschend stark.

Insider gehen daher davon aus, dass die Risiken, von denen im September die Rede war, nun eingetreten sind. Aktuell liegt der Einlagenzins mit 3,5% da, wo er die Wirtschaft bremst. Aus Sicht des Chefvolkswirts von J. Safra Sarasin, Karsten Junius, hat es die EZB mit der Straffung der Geldpolitik übertrieben. „Die Zinsen sind zu hoch“, kritisiert er. Die EZB habe wegen ihres verspäteten Eingreifens „überreagiert“. Zumindest passt eine bremsende Geldpolitik nicht zur schwachen Wirtschaft. Zumal es Zeit braucht, bis Zinssenkungen auf die Wirtschaft wirken.

Zweitens liegt die Inflation bereits sehr nahe an der EZB-Zielmarke von 2% (August-Wert: 2,2%). Auch die von Notenbankern stark beachteten Inflationserwartungen sind fest verankert. Ein Sorgenfaktor ist noch die hohe Inflation bei Dienstleistungen, die stark von der Lohnentwicklung abhängt. Aber die Lohnzuwächse haben sich abgeschwächt.

Drittens sprechen die geringen Investitionen im Euro-Raum für schnellere Zinssenkungen. So werden kaum neue Wohnungen gebaut, obwohl es Bedarf gibt. Auch die Unternehmen halten sich mit Anlageinvestitionen zurück. Experten sehen dies als wichtigen Grund dafür, dass die Produktivität kaum steigt. Investitionen sind naturgemäß sehr zinssensibel.

Noch sind es drei Wochen bis zur EZB-Sitzung. Wichtige Signalwirkung haben noch die Inflationszahlen für September, die das europäische Statistikamt Eurostat kommenden Dienstag veröffentlicht. Wenn auch sie gering ausfallen, spricht alles für eine Zinssenkung im Oktober. jam

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