Zweifel am Konjunktur-Optimismus von Lagarde & Kollegen
Aktuell spricht viel dafür, dass EZB und Bundesbank die wirtschaftlichen Aussichten bislang zu rosig einschätzen. Das unterstreichen die neuen Zahlen zur Industrieproduktion in Deutschland. Im November ist diese unerwartet stark um 0,7% gegenüber dem Vormonat geschrumpft. Es war bereits der sechste Rückgang in Folge. Auch andere Signale wie die Einkaufsmanagerindizes oder das Ifo-Geschäftsklima sind in Bereichen, die eine Rezession signalisieren. Die Commerzbank etwa prognostiziert für 2024 einen Rückgang der deutschen Wirtschaft um 0,3%.
Viel optimistischer sind dagegen noch die Notenbanken. In ihrer Dezember-Prognose erwartet die Bundesbank für Deutschland ein Wachstum von 0,4% und die EZB für den gesamten Euro-Raum einen Wert von 0,8%. Einige Experten wie Erik Nielsen, ökonomischer Berater der italienischen Bank Unicredit, fürchten bereits seit einiger Zeit, dass die EZB es mit ihren Zinserhöhungen übertrieben haben könnte und es eine Rezession gibt.
In einer neuen Studie argumentieren hauseigene Ökonomen der EZB, dass die straffere Geldpolitik die Wirtschaft im Euroraum 2023 immer stärker belastet hat. Dort heißt es, dass die negativen Effekte zunächst in der Industrie zu spüren gewesen seien. Die Auswirkungen auf den Dienstleistungssektor machten sich hingegen weniger stark und mit zeitlicher Verzögerung bemerkbar.
Sollten sich die wirtschaftlichen Aussichten weiter eintrüben, gibt es zumindest eine Hoffnung. In diesem Fall könnte die EZB die Zinsen früher senken als sie bisher andeutet. Offiziell wollen EZB-Präsidentin Lagarde und ihre Ratskollegen davon nichts wissen. Die meisten Investoren rechnen aber bereits damit. Aktuell wird am Geldmarkt eine erste Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte im April voll eingepreist. Selbst für März liegt die eingepreiste Wahrscheinlichkeit bei 50%. Ob das die Aussichten merklich verbessern würde, ist allerdings fraglich. jam