2012 wird für die Immobilien-Branche zum Hindernisrennen
Dafür sorgen paradoxerweise die Schuldenkrise sowie die Euro- und Inflationsangst. Das Feuerwerk zum Jahreswechsel war zwar wohl das umsatzstärkste der Geschichte, jedoch dürfte es eher der Konsumlaune einer Inflations-Resignation geschuldet gewesen sein als der Zehnjahresfeier des Euro.
Die positive Ausgangslage für die Immobilienwirtschaft, hier insbesondere für die Wohnungswirtschaft, resultiert aus der Wiederkehr der deutschen Urangst vor Inflation und Währungsreformen. Die Renaissance der Immobilie als Kapitalanlage in Deutschland sollte zunächst einmal in Verbindung mit sachlichen Rahmenbedingungen, die wir Ihnen vor über zehn Jahren als Grund für eine zu erwartende Prosperität der Wohnimmobilien aufzeigten, für eine stabile immobilienwirtschaftliche Basis sorgen. Vereinzelte Übertreibungen in Boomsegmenten sind in dieser Gemengelage unvermeidlich und sicherlich kein Zeichen einer Überhitzung des Wohnimmobilienmarktes generell, wie die Problem-Spürhunde der Publikumspresse bereits wittern. Diese Ausgangslage ist viel stabiler als der letzte Wohnimmobilienboom von 2005 bis 2007, der auf internationalen Portfoliokäufen basierte.
Während bei Schiffen, Filmen oder gebrauchten Lebensversicherungen die Asset-Krise als Grund der Kapitalanlagekrise gesehen wird, erscheint zumindest in der öffentlichen Meinung die deutsche Immobilie als stabil. Faktisch trifft das aber nur auf die Wohnimmobilie zu, die aber in der Kapitalanlage nur als Direktanlage eine Rolle spielt. Die Transaktionspreise für Gewerbeimmobilien befinden sich zwar derzeit in einer zyklischen Aufwärtsphase, die aber zum einen nur die Entwicklung von Core-Immobilien spiegelt und zum anderen falsche Erwartungen über die Wertentwicklungsperspektiven weckt. Auch im zyklischen Boom verlieren gewerbliche Bestandsimmobilien mit einer seit dem Höhepunkt 1993 fast durchgehend negativen Wertänderungsrendite an Wert.
Auch das Geschäft mit Core-Immobilien lebt seit zwei Jahrzehnten nicht zuletzt vom Reiten des Zyklusses. Echte Wertsteigerungen, die nicht vorher durch kostspielige Sanierungen erkauft wurden, bleiben Ausnahmen. Das Geschäft mit geschlossenen Fonds und Investments in Einzelimmobilien beruht aber auf angenommenen Wertentwicklungsperspektiven und einem weitgehenden Ausgleich der Inflation. Schnelle zyklische Transaktionen sind hier durch den notwendigen Ausgleich der Fondskosten und der Transaktionskosten logisch eher eine Ausnahme. Hier prägen allerdings Erfolgsstories des letzten Booms die Erwartungshaltung. Nach einer brandaktuellen Umfrage der Association of Foreign Investors in Real Estate nimmt die Beliebtheit deutscher Immobilien aktuell wieder ab. Für die gesamte Immobilienbranche dürften die Herausforderungen zunächst im Bereich der Finanzierung liegen. Eigenkapital-, Vermietungs- und Bonitätsanforderungen von Banken dürften von Ausnahmen abgesehen zwar durchaus in einem tradierten Rahmen liegen, jedoch nicht den monetären Voraussetzungen vieler Immobilien- oder Fondsunternehmen entsprechen.
Der Vertrauensverlust bei geschlossenen Fonds, der die Immobilie in Sippenhaft nimmt, wird im Platzierungszahlenwerk evident. Während bislang noch Ankündigungsstrategien die Laune der Anleger vermiesen, wird es 2012 nach Ansicht von Branchenfachleuten zu spürbaren faktischen Ausfällen bis hin zum Totalverlust auch bei an sich seriösen Konstruktionen kommen. Normalerweise müsste die Immobilien-Euphorie kurzfristig auf die Fondsbranche durchschlagen. Bisher behauptet sich allerdings die Anlegerskepsis. Aus der vor einem Jahr erwarteten Markterholung dürfte wohl eher ein weiterer Absturz des Gesamtmarkts geworden sein, der bei deutschen Immobilien wahrscheinlich nur durch die Platzierung der Deutsche Bank-Türme statistisch abgefedert wurde. Die VGF-Marketingaktion ging in der Öffentlichkeit unter und erwies sich in der Fachpresse als fulminantes Eigentor. Solange über die tatsächlichen langfristigen Erfolge der Branche Unklarheit besteht, veröffentlichtes Branchen-Zahlenwerk eher Unglauben der Profis weckt und die öffentliche Wahrnehmung vor allem durch Anlegerverluste geprägt wird, dürfte die ostwestfälische Bauern-Weisheit „Kuhdung kann man nicht polieren“ das Fonds-Marketingpotential begrenzen.
Schließlich erweist sich das PR-Desaster der offenen Immobilienfonds (OIF), das „best of class“-Fakten in ein Skandal-Szenario verwandelte, als weitere Herausforderung. Zu befürchten ist, dass hier die self fulfilling prophecy schlechter Presse im neuen Jahr zu schlechten Nachrichten weiterer Fondsabwicklungen führen wird. Das könnte diesmal auch marktrelevante Fonds, die noch geschlossen sind, treffen, wenn hier nicht Vernunft bei den Anlegern einsetzt. Der faktische Abwicklungsschaden dürfte zwar im Alternativenvergleich z. B. zu Immobilienaktien je nach Betrachtungszeitraum eher gering ausfallen, jedoch könnte damit eine neue Epoche der OIF eingeläutet werden. Faktisch dürfte dies zu einer Entwicklung zurück zu den Wurzeln des OIF als Investment für Privatanleger führen. Da viele Probleme der OIF durch eine sportliche Investitions-, Finanzierungs- und Akquisitionspolitik hausgemacht waren, könnte eine Marktbereinigung für die Profis der Szene eine Chance sein.