Immobilien

Banken hinterlassen verbrannte Erde bei IVG-Fondsanlegern

Aktuell sind die Anleger im IVG Fonds EuroSelect 14, die in die berühmte „Gurke“ The Gherkin investiert haben, bis zum 11. August aufgerufen, einem Verkaufsvorschlag des Fondsmanagers zuzustimmen, der über 90% Kapitalverlust bedeutet. Nach Alternativrechnungen bleiben für die Anleger, würden die Banken die Immobilie übernehmen und mit theoretisch sattem Gewinn für 650 Mio. GBP verkaufen, durch die höhere Rückführung der CHF-Kredite gerade noch 3,6% Mittelrückfluss. Wenn der Joint Venture-Partner für 15 Mio. GBP alle Anteile des Fonds an der Objektgesellschaft kauft, ergäbe sich ein Mittelrückfluss von 10,5% des Eigenkapitals. Unter Berücksichtigung von 5% Agio der damaligen Kapitalbeteiligung bedeutete das ein Gesamtverlust von rund 94%.

Der Verlust tritt ein, obwohl die Immobilie voll vermietet ist, die Mieteinnahmen plangemäß kommen, der Fonds Erträge erwirtschaftet, die Bedienung des CHF-Kredites durch CHF-Mieteinnahmen währungskongruent gesichert ist, es keinerlei Zahlungsrückstände gegenüber den refinanzierenden deutschen Banken gibt oder je gegeben hat, keine Zahlungsrückstände zu erwarten sind und die verdienten Ausschüttungen der letzten Jahre bereits thesauriert wurden. Der 2007 aufgelegte Immobilienfonds stellt tradiertes Fonds-Know-how und Analysemöglichkeiten ebenso in Frage wie die neue Form des Bankings, das die refinanzierenden Banken betreiben. Die Faustregel, wonach die Immobilie zählt und der Prospekt nur die Visitenkarte des Fonds ist, wird auf den Kopf gestellt. Anders als bei anderen Konzernimmobilienfonds, neuen Bundesländerfonds oder auch Medienfonds dürften die Anleger hier frei von Schuld sein. Sogar über den Grad des Dilettantismus der damaligen Fonds-Macher der IVG mit nicht verstandenen Kreditverträgen und Währungszusammenhängen lässt sich im Nachhinein nur schwer diskutieren. Zum Höhepunkt des letzten Immobilienbooms waren Non Recourse-Finanzierungen und daraus resultierende Deckungsregeln noch relativ neu.

Die Verhaltensweise der Gläubigerbanken, darunter BayernLB, Helaba, ING und LBBW, repräsentiert ein Banking nach angelsächsischem Vorbild, das die Verantwortung eines Finanzhauses und die Zusammenarbeit mit Kreditnehmer und Fondsanleger anders interpretiert als in Deutschland bis dahin gewohnt. Trotz ordnungsgemäßer Kreditbedienung drängen sie auf Rückzahlung der Kredite. Damit sind die Anleger ihr Geld los. Bei Weiterführung der Finanzierungen würden sich die derzeitigen Buchwertthemen hinsichtlich des Zins-SWAPs ohne Schaden für alle Beteiligten auflösen, stellt Tobias Börsch, Vorstand der DFH, die das Management der IVG-Fonds übernommen hat, klar.

Aus Analystensicht war The Gherkin bei Fonds-Emission zweifellos erstklassig. Die Vermietungssituation war gut, der hohe Kaufpreis ordentlich finanziert. Da die Bedienung des CHF-Kredites weitgehend durch Mieteinnahmen in CHF gesichert war, schien das Währungsrisiko recht gut abgefedert. Risiken sah PLATOW eher bei den Nebenkosten, der Instandhaltung und späteren Erneuerungsmaßnahmen. Ein Investment in The Gherkin war ein Investment in eine zwar recht teure, dafür aber nicht reproduzierbare, erstklassige Landmark-Immobilie an einem hervorragenden Standort mit hervorragenden Mietern in der weltbesten Bürometropole.

Den Kreditvertrag hat naturgemäß kein Externer gelesen. Außerdem war es Tradition, dass deutsche Banken regelmäßig stillhielten, solange Kredite ordnungsgemäß bedient wurden und Zahlungsausfälle nicht absehbar waren. Im Zuge der Finanzkrise zeigten die Covenants der Non Recourse-Finanzierungen ihre ökonomische Gefährlichkeit. Loan to value-Regeln oder Zinsdeckungsregeln nahm in Deutschland zunächst kaum jemand ernst, da ähnliches ohne Folgewirkung auch in alten deutschen Kreditverträgen stand. In der Finanzkrise kamen drei Entwicklungen zusammen. Der CHF erreichte ungeahnte Höhen, das britische Pfund brach gegenüber dem Euro dramatisch ein. Gleichzeitig führten kleinere Krisen-Vermietungsprobleme und natürlich der hoch volatile Londoner Büromarkt zur deutlichen Pfund-Abwertung der Immobilie. Das verletzte die Kreditvertragsregelungen. Im Krisenmanagement konnte die damals noch mächtige IVG die Situation stabilisieren.

Mit der dann folgenden Stabilisierung des CHF, der Erholung des Londoner Immobilienmarktes und des GBP hätte sich die Situation eigentlich in Wohlgefallen auflösen müssen. The Gherkin ist heute durchaus mehr wert als 2007. So findet die IVG-Story als eines der düstersten Kapitel der nicht kriminellen Geschichte des deutschen Immobilienmarktes ihre Fortsetzung. Das Bankenverhalten ist gewöhnungsbedürftig und dürfte mit der Tradition brechen, die die deutsche Wirtschaft groß gemacht hat. Allerdings ist das Bankenverhalten vertragsgemäß. Die Kontrakte waren damals marktüblich.

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