Immobilien

Beschleunigte Wertminderung und verkürzte Lebenszyklen bei Büros

Jones Lang LaSalle (JLL) findet auch in seiner aktuellen Studie „Offices 2020“ keine Antwort auf die Frage, wie sich für einen langfristigen Bestandshalter ein Investment in eine Büroimmobilie, die einem kontinuierlichen technischen Verbrauch bei steigenden Ansprüchen ausgesetzt ist, ohne nachhaltige Mietsteigerungsperspektiven rechnen soll. Das Geschäft mit Büros funktioniert heute nur noch zyklisch, wie Insider der Branche durchaus zugeben.

So bereitet die aktuelle JLL-Studie Eigentümer von Büroimmobilien auf schwierige Zeiten vor: Die nächste Dekade im europäischen Bürosektor werde von einer beschleunigten Wertminderung und sich weiter verkürzenden Lebenszyklen geprägt sein. Diese Entwicklung beruhe auf den verschärften rechtlichen Vorgaben im Bereich der Nachhaltigkeit, den weiter wachsenden Ansprüchen an eine moderne technische Büro-Infrastruktur und sich verändernder Anforderungen seitens der Büronutzer.

In Deutschland etwa stammen lt. JLL 59% des gewerblich genutzten Immobilienbestandes aus der Zeit zwischen 1950 und 1960, wobei uns das Zahlenwerk etwas hoch erscheint. In Großbritannien sind es rund 22%. In Paris sind mindestens zwei Drittel des Bestands mehr als 20 Jahre alt. Dabei bleibe die aktuelle Nettoersatzquote, also der Ersatz von Altbau durch Neubau, nach wie vor niedrig. Selbst in Märkten wie Paris oder London liege sie unter 3%. Interessant ist, dass JLL aber einen höheren Nettoersatz für notwendig hält. Schließlich wird beklagt, dass es in einer Zeit, die von Kostendruck geprägt ist, schwierig sei, die Abrissquote zu erhöhen. Vorteile seien eine höhere Zufriedenheit der Mieter sowie reduzierter Leerstand und lukrative Wertsteigerungen. Für PLATOW ist das Statement des französischen JLL-Direktors Benoit du Passage eher überraschend, es gebe „erste Hinweise“ darauf, dass Investoren die Kosten bereits heute beim Ankauf einer Büroimmobilie berücksichtigen. Dies werde sich auf die Bewertung von Immobilien auswirken. Wir hatten angenommen, dass ein Investor selbstverständlich die Langfristperspektiven durchrechnet. Für PLATOW stellt sich perspektivisch und gerade auch unter Umweltgesichtspunkten vielmehr die Frage, ob denn wirklich jede in die Jahre gekommene Immobilie, die gleichwohl noch die Grundbedürfnisse „normaler“ Mieter erfüllt, wirklich schnellstmöglich ersetzt werden muss.

Auch der JLL-Blick auf die aktuellen globalen Entwicklungen des Büroimmobilienmarktes beunruhigt. Im ersten Quartal 2012 wurden lt. JLL weltweit mit 77 Mrd. US-Dollar direkten Gewerbeimmobilieninvestitionen 21% weniger als im Vorjahres investiert. Das grenzüberschreitende Volumen belief sich mit lediglich 30 Mrd. Dollar auf den niedrigsten Anteil seit dem dritten Quartal 2010. Die USA bleiben nach wie vor die global aktivste Kapitalquelle. Allerdings beschränkten sich 93% der Transaktionen auf den US-Binnenmarkt. Damit blieb das Transaktionsvolumen der Region Amerika (Q1 2012: 29 Mrd. Dollar) mit -6% nur leicht unter dem des Vorjahreszeitraums (31 Mrd. Dollar). Das in Europa, dem Nahen Osten und Afrika im ersten Quartal 2012 verzeichnete Transaktionsvolumen sank um 27% auf 28 Mrd. Dollar. Ähnlich schloss mit -28% und 20 Mrd. Dollar der asiatisch-pazifische Raum ab. London konnte seine Position als aktivstes globales Investmentziel von Paris zurückerobern. Der Anteil der Büro-Investments am gesamten Transaktionsvolumen lag bei 54%, Einzelhandel erreichte 19% und der Industrie-Sektor 15%. Trotzdem bleibt JLL bei seiner Prognose für das Gesamtjahr von 400 Mrd. Dollar.

Leichte Schwäche signalisiert auch die bekannte JLL-Immobilienuhr. Der europäische Mietpreisindex ging bei schwächerer Nachfrage zum ersten Mal seit Ende 2009 im Quartalsvergleich zurück. Am stärksten sanken die Spitzenmieten in Brüssel (-5%), Madrid (-1,9%), Barcelona (-1,4%) und Paris (-1,2%). Das höchste Plus verzeichneten Luxemburg (5,3%), Stockholm (2,4%) und Hamburg (2,1%). Die Schere der beobachteten Städte ist größer geworden. Die Vermietungsleistung der 24 Index-Städte war im ersten Quartal mit 2,3 Mio. qm etwa 15% niedriger als 2011. Die deutschen Städte befinden sich aber alle noch im besten Quadranten des beschleunigten Mietpreiswachstums. Im negativen Bereich sind hingegen vor allem die Metropolen der Euro-Peripherie.

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