Immobilien

Büromarkt-Studie – Nachhaltigkeit wird zum Überlebensfaktor

Die Studie „Offices 2020“ von Jones Lang LaSalle (JLL) kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Bürosektor in großem Rahmen und mit hohem, nicht erwartetem Tempo verändere. Heute müssten eine Vielzahl richtiger Entscheidungen getroffen werden, um sich für die folgenden 10 Jahre adäquat aufzustellen.

Weiter denkt JLL hier noch gar nicht. Doch lassen Sie uns die Ergebnisse vorab ein wenig relativieren. Auf der einen Seite ergeben sich speziell für die transaktionsorientierten Player Marktchancen, während Sinn und Rechenbarkeit langfristiger Büroinvestments durch erneute Markttransformationen wieder auf dem Prüfstand stehen. In den 60er Jahren war die Branche fest davon überzeugt, zukunftsorientiert zu bauen. Dann kamen die Energiekrisen. Mitte der 90er Jahre stellte Hartmut Bulwien fest, dass erst die Immobilien der 80er und 90er Jahre wirklich zukunftssicher seien. Die stehen mittlerweile zur Revitalisierung oder mangels genereller Eignung zum Rückbau an. Heute sind die Branchenmatadore aber wirklich „sicher“, zukunftsorientiert zu bauen. Dabei sind schon viele Gebäude der vergangenen Dekade mangels Umweltzertifizierung auf dem Weg zum Abstellgleis. Bis heute gibt es wohl noch kein Bürohochhaus, das von der ersten Idee an unter Nachhaltigkeitskriterien geplant wurde. Es gibt auch noch keine internationale Einigkeit bei den Kriterien. Speziell mit Bezug auf reife Staaten mit hohem Tertiärisierungsgrad und geringen demografischen Impulsen hat PLATOW schon oft die Frage gestellt, ob Büro-Renditen die Risiken insbesondere unter langfristigen Perspektiven wirklich abbilden. Unsere Frage lautet schon seit über einer Dekade, wie sich ein Investment in einen Gegenstand, der voraussichtlich in 20 Jahren entweder gar nicht mehr zeitgemäß ist oder mit etwa 70 bis 100% der Neubaukosten saniert werden muss, bei einer Mietrendite von höchstens 5% nach laufenden Kosten je rechnen soll. Der Nachhaltigkeits-Aspekt macht die Frage jetzt besonders aktuell.

Nach den Recherchen von JLL für die Studie Offices 2020 kristallisieren sich als Herausforderungen für die kommende Dekade vor allem die Kernpunkte Nachhaltigkeit, Standortwahl, Asset Management, zunehmend alternde Bürobestände, neue Technologien, sich ändernde Arbeitsweisen, Büroausstattung und das Thema Finanzierung heraus. Neu sind vor allem die Aspekte Nachhaltigkeit und Finanzierung. Sie führen aus Sicht von PLATOW zu einer Auslese. Hinzu kommt laut der JLL-Studie, dass bei sich verändernden Arbeitsweisen der Lebenszyklus einer Immobilie fundamental verkürzt werde. Die Chance liegt dann in der „enormen“ Nachfrage im Bereich Modernisierung/Sanierung. Eigentümer müssen sich zukünftig auf zunehmende Anforderungen der Nutzer an die Büroflächen und an die Flexibilität der Mietvertragsgestaltung einstellen. Die Verhandlungsmacht zwischen Mieter und Eigentümer werde sich deutlich in Richtung des Mieters verändern. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei intensiverer Büronutzung mehr Mitarbeiter auf weniger Fläche untergebracht werden und sich die Relation Arbeitsfläche zu Kommunikationsfläche verschiebt. Die Arbeitnehmer würden älter. Nachhaltige Lösungen würden genauer unter die Lupe genommen. Entscheidungsträger müssten heute bereits diese Veränderungen vorausschauend einplanen.

PLATOW sieht den Aspekt der Nachhaltigkeit bei Büroimmobilien durchaus zwiespältig. Bei einem Anteil deutscher Büroimmobilien im unteren einstelligen Prozentbereich, die als nachhaltig in irgendeiner Form klassifiziert sind, ergibt sich so ein dauerhafter Wettbewerbsvorteil. Damit ist schon unter dem Blickwinkel des mittelfristigen Werterhalts die Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsaspekts eine notwendige Voraussetzung für Investments. Andererseits können Nachhaltigkeitsaspekte dazu führen, dass Bestandsportfolios zukünftig überproportionale Werteinbußen in Kauf nehmen müssen. Auch daher bekommt die Frage nach der Rechenbarkeit neue Bedeutung. Chancen für Neuinvestments bedeuten Risiken für den Bestand. Für viele Investoren dürfte sich in planbarer Zukunft ein hoher Nachinvestitionsbedarf ergeben.

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