Immobilien

Core – Opium für die Immobilienwirtschaft

Die Catella Property Group gibt traditionell zum 1. Dezember einen Ausblick auf die Marktentwicklungen des kommenden Jahres. Die „Core“-Fixierung großer, institutioneller Anleger ist ungebrochen. Das führt zu weiteren Preissteigerungen ohne tatsächlichen Qualitätszuwachs. Lange Mietvertragslaufzeiten scheinen wie eine „Droge“ auf Anleger zu wirken und verschleiern den Blick auf tatsächliche Risiken.

Diese Fokussierung auf scheinbare Sicherheiten führt zu erheblichen Marktverschiebungen, die einerseits Renditeverluste und andererseits neue Chancen bergen. Das sind zusammengefasst die zentralen Statements zur Lage auf den deutschen Investmentmärkten, die Klaus Franken, Geschäftsführer der Catella Property GmbH, dem Beratungszweig von Catella Deutschland, vergangene Woche vor Journalisten vorstellte und auch diskutierte. Das hebt sich von dem „ex cathedra“-Ansatz anderer Maklerhäuser ab.

Das Hauptaugenmerk vieler Kapitalsammelstellen liegt auch im nächsten Jahr auf dem „Mainstream Core“, weil sich vordergründige Sicherheiten in Gremien und bei Banken leichter vermitteln lassen. Obwohl Eigenkapital verfügbar ist, führen der Mangel an Objekten für Mietvertragsgläubige und auch die Veränderung der Kreditlandschaft zu einer Seitwärtsbewegung bei den gewerblichen Investitionen. Renditeeinbußen, Bietergefechte, künstliche Verengung des Marktes und die Klage über Angebotsmangel prägen immer noch die Diskrepanz zwischen einer extrem hohen Geldmenge, die dringend Anlagemöglichkeiten sucht, und einem stetig kleiner werdenden Angebot, das die Bezeichnung „Core“ wirklich verdient.

Zur Erinnerung: Die klassische Definition versteht unter „Core“ ein Class A Multitenant-Objekt mit langen und bonitären Mietverträgen in Top-Lage. Heute reicht meist der Mietvertrag. Bei solchen Objekten setzt aber oft der Taschenrechner aus. Für Objekte mit mindestens 10 Jahren Mietlaufzeit werden laut Franken Kaufpreise aufgerufen, die im Gegensatz zu vergleichbaren Objekten mit 7 Jahren Restlaufzeit mehr als 100 Basispunkte Renditeverzicht erfordern. Der Erwerber zahlt demnach ca. 2,4 Jahresmieten „Kaufpreisaufschlag“. Beachtet man zusätzlich den Barwerteffekt wird deutlich, dass der Erwerber sich die zusätzlichen drei Jahre Miete annähernd vollständig selbst bezahlt hat. Rational ist dies nicht, aber beim Erwerb führt die längere Laufzeit zu einem „besseren Gefühl“ für Anleger.

Die Vorausschätzung des diesjährigen Transaktionsvolumens aus dem vergangenen Jahr wird voraussichtlich mit etwa 22,5 Mrd. Euro in Deutschland um ca. 10% übertroffen. Das liegt nur noch knapp unter dem Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2004 (25,4 Mrd. Euro). Für 2012 erwartet Catella trotz steigender Nachfrage wegen einer restriktiveren Kreditvergabe und Angebotsengpässen lediglich eine Seitwärtsbewegung mit einem vergleichbaren Marktvolumen. Als weitere Marktfolge der Risikoaversion werden Einzelhandel und Wohnen pauschal mit dem Attribut „sicher“ versehen. 8 der 10 größten gewerblichen Transaktionen des Jahres 2011 waren Einzelhandelsdeals. Die Renditen für Einzelhandelsobjekte sind deutlich gesunken und liegen zum Teil unter dem Niveau des Boomjahres 2007. Der Rollentausch vom früheren Klassiker Büro zum Einzelhandel schlägt sich in den Transaktionsvolumina nieder: 49 % werden vom Einzelhandel geprägt. Büro ist auf ca. 25% zurückgefallen.

Die Krise, so Franken, ist in den Vermietungsaktivitäten noch nicht angekommen. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen, seien bislang keine Entscheidungen zurückgestellt oder Gesuche storniert worden. Die Büromärkte hätten sich deutlich stabilisiert. Die Spitzenmieten würden steigen und die Leerstandsquoten fallen. Die Nachfrage könne in bestimmten Segmenten nicht ausreichend bedient werden. Da Alternativinvestments wie Staatspapiere und Aktien auch 2012 absehbar unter Druck stehen, werde die Immobilie für alle Anlegergruppen attraktiv bleiben, gibt sich Franken zuversichtlich.

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