Immobilien

Droht Europas Büromärkten eine lange Flaute?

Auf Deutschlands Büromärkten bahnt sich als Folge der Schuldenkrise bereits kurzfristig und infolge der demografischen Entwicklung mittelfristig eine bedrohliche Entwicklung an. Darauf deuten zumindest die Analysen namhafter Marktforscher auf einer Scope-Tagung zu geschlossenen Fonds in der vergangenen Woche hin.

Hela Hinrichs, Direktor EMEA-Research bei Jones Lang LaSalle, stellte die aktualisierten volkswirtschaftlichen Prognosen seines Hauses vor. Flankiert von einer starken Erholung der US-Märkte und einem schwächeren Wachstum im asiatisch-pazifischen Raum ziehe sich quer über den Globus die Angst um die Eurozone. Nach der verhalten optimistischen Prognosen von JLL zum Jahreswechsel, fällt der aktuelle Ausblick nun eher pessimistisch aus. Die JLL-Researcher gehen nur noch von einer Wahrscheinlichkeit von 5% aus, dass die Rettung und Erholung der Eurozone gelingen wird. Die Wahrscheinlichkeit eines Euro-Zusammenbruchs taxieren sie mittlerweile auf 45%. Ein Überleben der Gemeinschaftswährung mit milder Rezession und sehr langsamer Erholung hält JLL mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% für möglich. Vor allem die mangelnde Unterstützung des Sparkurses durch die Politik führe lt. JLL zu einem weiteren Vertrauensverlust. Für 2012 rechnet JLL mit einem Rückgang der Zahl der Arbeitsplätze um 1,1%.

Selbst im positiven Fall einer langsamen Erholung werden nach unserer Auffassung weder der Büroflächenbedarf im krisengeschüttelten „Club Med“ noch die Exportnationen ungeschoren davonkommen. Mehr als die Hälfte deutscher Exporte geht nach Euroland. Der ehemalige DB Research-Demografiespezialist und heutige IREBS-Professor Tobias Just gibt zumindest für den Wohnungsmarkt unter dem Motto „Wir wohnen länger als wir arbeiten“ vorerst Entwarnung. Die Zahl der Erwerbspersonen wird früher und heftiger sinken als die Zahl der Menschen. Unsicherheiten liegen in der Zuwanderung. Nach Berechungen von Just wird sich die deutsche Büroflächennachfrage ceteris paribus bis 2050 um 30% verringern. Technologieeffekte und ein verändertes Arbeitsplatzverhalten sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Chancen bestehen durch das hohe Bildungsniveau, das den Bedarf an Büroarbeitsplätzen erhöht. Just mahnt, dass die Flächeneffizienzreserven mit verändertem Arbeitsplatzverhalten als zusätzliches Risiko auf die Büromärkte zukommen werden. Allerdings betont er, dass die Prognoseunsicherheiten bei Gewerbeimmobilien ungleich größer sind als bei Wohnobjekten, da sich der wirtschaftliche Strukturumbruch schneller vollziehe als der gesellschaftliche Wandel. Doch diese These dürfte wenig positive Konsequenzen haben, da sich der physische Flächenbedarf pro Arbeitsplatz durch Struktureffekte kaum erhöhen wird. Just hält denn auch Anpassungen auf der Angebotsseite nach unten für sinnvoll. Bezieht man den Erfahrungshorizont der vergangenen 20 Jahre in einen Marktausblick ein, so könnten sich aus unserer Perspektive trotz der aktuellen Erholung für die kommenden beiden Dekaden ernsthafte Widerstände entwickeln, die manche Kapitalanlageabsicht zu Makulatur werden lassen.

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