Immobilien

Expo Real 2011 – Ist nach der Krise schon wieder vor der Krise?

Die Stimmung auf der Expo Real war in diesem Jahr gespalten. Auf der einen Seite gab es die Optimisten, die an einen weiteren Aufstieg glauben. Auf der anderen Seite macht sich Krisenstimmung breit.

So verglich manch einer die Stimmung mit 2008. Nicht Lehman sorgte diesmal für schlechte Laune, sondern die Staatsschuldenkrise, aus der sich erneut eine Banken- und Finanzierungskrise entwickeln könnte. Wer auf Fremdkapital über den „gedeckten“ Bereich bis 60% hinaus angewiesen ist, sieht dunkle Wolken aufziehen. Viele Finanzierer müssen ihre Bilanzen verkürzen. Bei manchen Initiatoren geschlossener Fonds sieht es trostlos aus. Ohne einen bonitären institutionellen Hintergrund gibt es nur wenig Chancen zur vertriebsnotwendigen Eigenkapitalzwischenfinanzierung. Auch das Bestreben von Banken, Schiffs- und Immobilienfonds durch Sicherheitenverwertung oder Währungsumstellung glattzustellen, macht nervös.

So kommentiert Westdeutsche Immobilienbank-Vorstand Claus-Jürgen Cohausz: „Die Stimmung auf der Messe erinnerte an die Expo Real 2008 kurz nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers. Zweifel an der Stabilität und ein wieder zunehmendes Misstrauen der Banken untereinander sowie die Befürchtung einer bevorstehenden Rezession überschatten die Gespräche in München.“ Auf der anderen Seite steht Bernd Hütter, Leiter der Abteilung Immobilienkunden bei der WGZ Bank, der sich mit der Messe „rundum zufrieden“ zeigt. Für Hütter war die Messe arbeitsreich und selten so ergiebig wie in diesem Jahr. Die WGZ peilt für dieses Jahr einen Rekord im Neufinanzierungsgeschäft von 1 Mrd. Euro an. Da die Bank in den „guten“ Jahren 2006 und 2007 außen vor war, habe sie keine „Altlasten“ in der Bilanz. Deutlich kritischer sieht Eurohypo-Vorstand Thomas Köntgen die Lage an den Märkten. Zur Eurokrise und Griechenland mag er sich lieber gar nicht äußern. Und auch die Stimmung beschreibt er als „Stochern im Nebel“. Für Köntgen befinden sich viele gerade im Auge eines Hurrikans, der das Schlimmste noch erwarten lasse – nicht zu vergessen die Aufräumarbeiten am Schluss.

Sicher sei in erster Linie, dass „das Produkt Kredit teurer werden wird“, meint WGZ-Vertreter Hütter. Renommierte, eigenkapitalstarke Projektentwickler, die vor allem im Bereich Einzelhandel und Wohnen unterwegs sind, seien bei den Banken derzeit gern gesehen. Die WGZ Bank erwartet zwischen 10 und 25% Eigenkapital. Woanders scheinen aber durchaus 40 oder sogar 50% Eigenkapital angefragt zu werden.

Wie nicht anders zu erwarten, fiel das Schlussstatement des Veranstalters positiv aus. Die Expo Real 2011 sei trotz der Turbulenzen auf den Finanzmärkten als „Stabilitätsanker der Branche“ zu sehen. Bei einer Ausstellerzahl auf Vorjahresniveau endete die 14. Expo Real mit stabilen Teilnehmerzahlen. Wie im Vorjahr kamen rund 37 000. Davon entfielen 19 000 auf Fachbesucher. Eugen Egetenmeir, Geschäftsführer der Messe München International, sieht die EXPO REAL denn auch als unverzichtbare Plattform für einen Austausch und eine Orientierung in der Branche. Sie trage zu mehr Transparenz und Geschäftschancen bei. „Die Stimmung in den Hallen war sehr gut“, stellt Egetenmeir fest. Union Investment-Geschäftsführer Reinhard Kutscher sieht die Expo als ein verlässliches Barometer der Stimmung an den europäischen Immobilienmärkten. 2011 herrsche eine gute Betriebstemperatur; eine Abkühlung werde jedoch zunehmend einkalkuliert. Diese Einschätzung bestätigten auch die Ergebnisse einer Befragung unter den Teilnehmern. Insgesamt 97% der Besucher bewerteten die Messe mit ausgezeichnet bis gut. Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation der Branche sahen 71% der Besucher positiv. Für die künftige Branchensituation erwarten 47% keine Änderung, 28% eine Verbesserung und 25% eine Verschlechterung.

Aus internationaler Sicht gilt Deutschland noch immer als Hort der Stabilität. „Der Run der Investoren auf deutsche Immobilien wird wegen der anhaltenden Disparitäten und Verunsicherungen in einigen europäischen Ländern noch eine Weile anhalten“, kommentiert Karin Siebels, Researchleiterin bei der Patrizia GewerbeInvest KAG. Die Abkühlung der Konjunktur werde erst Ende 2013 auf die Immobilienwirtschaft durchschlagen. Auch die Maklerhäuser Catella Property Group und Savills verlassen die Messe optimistisch. Savills geht von positiven Ausblicken für Investment- und Bürovermietungsnachfrage aus. Catella-Chef Klaus Franken konstatiert, man habe auf einer Messe selten so konkrete Verhandlungen geführt. Selbst der dritte und letzte Messetag sei bis zum Schluss mit Terminen gefüllt gewesen.

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