Fondsszene kann etwas aufatmen
Die ursprünglichen Regelungen des ersten Entwurfs aus dem Juli, über die wir Ihnen berichteten, waren mit einem Verbot neuer offener Immobilienfonds und nicht immer fachlich nachzuvollziehenden Regulierungsideen für viele Initiatoren geschlossener Fonds prohibitiv. Einige Marktteilnehmer stellten allein auf Grund der Unsicherheit bereits ihr Fondsgeschäft endgültig mit Freisetzung des kompletten Vertriebs wie Nordcapital oder vorübergehend mit Umschulung des Vertriebs wie HIH ein.
Während die Fondshäuser mit institutionellem Background, gutem Kapitalmarktzugang und Zugang zu alternativen, auch internationalen Gestaltungsmöglichkeiten dem Gesetzesentwurf in Verbindung mit der zu erwartenden „Marktbereinigung“ Positives abgewinnen konnten, waren die Regelungen für die vielen mittelständischen Initiatoren kaum einzuhalten bzw. hätten Ausweichlösungen zur Folge gehabt, die den Grundgedanken des Anlegerschutzes, der auch den AIFM-Richtlinien zugrunde lag, völlig konterkariert hätten. Blind-Pools wären die notwendige Konsequenz gewesen. Internationale, wenig regulierte Gestaltungen sowie Anleihen, Genossenschaftskonstruktionen, Genussrechte, Zertifikate oder auch stille Beteiligungen als mögliche Ausweichgestaltungen erfüllen meist nicht die hohen Anforderungen an Prospektierung und Anlegertransparenz, denen geschlossene Fonds bereits heute unterliegen.
Wir hatten Sie schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass der klassische politische Prozess des BMF darin besteht, zunächst einmal einen Entwurf mit den weitestgehenden Regelungen in die Diskussion zu stellen, um sich dann nach den Reaktionen aus der Branche an die Realitäten anzunähern. Dies ist mit dem nun vorliegenden zweiten Entwurf geschehen. Allerdings sieht auch die Neufassung weiterhin hohe Anforderungen an die Manager alternativer Investmentvehikel bezüglich interner Abläufe, Risikomanagement, externer Verwahrstellen, Bewertung, laufender Einhaltung von LTVs, Transparenz und Vermeidung von Interessenkollisionen vor. Dies dürfte auch nach einer Abschwächung der prohibitiven Regelungen zu einer Marktkonsolidierung führen, weil damit deutliche Einschränkungen der Handlungsfreiheit der mittelständischen Vertriebe verbunden sind.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick: Das Verbot neuer offener Immobilienfonds ist vom Tisch. Entsprechendes gilt für Spezialfonds. Mit den weitergehenden Regelungen kann die Branche leben. Auch die Branche der geschlossenen Fonds hat in einigen wichtigen Bereichen Erfolge erzielt. Nach wie vor Knock-out-Charakter haben die unzureichenden Übergangsregelungen, die für eine Unsicherheitsperiode oder auch für eine „fondsfreie Zeit“ von mindestens 18 Monaten sorgen können. Positiv gewendet ist der geschlossene Fonds damit von der grauen zur weißen Kapitalanlage aufgerückt. Ob das die Fondsqualität verbessert, ist indes unsicher. Zunächst senken die Kosten die Rendite deutlich. Gegen schwache Assets oder turbulente Märkte, die ursächlich für die meisten Verwerfungen sind, helfen keine Gesetze.
Ein erster Blick in die Paragraphen zum Thema geschlossene Fonds zeigt, dass die angedachte ursprüngliche Grenze von 30% für die Fremdkapitalaufnahme auf 60% des Wertes des Investments angehoben wurde. Dies dürfte dann in etwa einer Innenfinanzierung des Fonds von gut 50% entsprechen. Das sollte auskömmlich sein. Andererseits ist zu bedenken, dass die 60%-Grenze laufend in Bezug auf die jeweils aktuellen Werte der Assets eingehalten werden muss. Das könnte durchaus zu Verwerfungen führen, denn auch bei stabilem Cashflow können die Werte von Assets erheblich schwanken bzw. mit abnehmender Mietvertragsdauer erodieren. Wie ist mit einem degressiven Wertverlauf von Assets umzugehen? In diesen Fällen müssten theoretisch Ausschüttungen einbehalten oder sogar Nachschüsse eingefordert werden. Hier ist die Bewertungspraxis gefordert, Lösungen zu entwerfen. Die Währungsrisiken bleiben weiterhin auf 30% beschränkt. Müssen jetzt jedem US-Fonds zwei Drittel Euro-Immobilien z. B. aus Griechenland beigemischt werden? Die Mindestbeteiligung bei Ein-Objekt-Fonds ist auf 20 000 Euro heruntergesetzt. Das ist praktikabel. Der Grundgedanke der alternativen Streuung in mindestens drei Objekte widerspricht allerdings dem originären Fondsgedanken einer sachwertunterlegten, unternehmerischen Beteiligung. Die größten Skandale oder Pleiten der Branche wie z. B. bei den LBB-Fonds oder Falk-Fonds basierten auf dem Sicherheitsversprechen von Fonds mit mehreren Immobilien.
PLATOW-Fazit: Erwartungsgemäß ist das BMF auf den Boden der Realitäten zurückgekommen. Dennoch bleiben erhebliche Einschränkungen des Geschäfts bestehen, die zu einer Veränderung des Marktes führen werden. Wie schon bei früheren Vorstößen des BMF, hat aber allein schon die Verunsicherung Wirkung entfaltet. Sofern es keine sinnvolle Übergangsregelung geben wird, dürften wohl noch mehr Initiatoren das Publikumsgeschäft zumindest vorübergehend einstellen.