Einzelhandel

Handelsverband HDE droht Spaltung

Wenn sich Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten zum Corona-Gipfel zusammenschaltet, ist stets auch HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth auf allen TV-Stationen im Dauereinsatz, um für die Interessen des Einzelhandels zu werben. Doch viel Gehör hat der Handelsverband bei der Politik bislang nicht gefunden.

Die neuen Öffnungsregeln zur Vermeidung voller Einkaufsmeilen passen nicht allen Händlern.
Die neuen Öffnungsregeln zur Vermeidung voller Einkaufsmeilen passen nicht allen Händlern. © Peter Roehl, www.pixelio.de

Mit Ausnahme der Lebensmittelhändler und Drogeriemärkte, die in der Corona-Krise Rekordumsätze einfahren, sind fast alle Geschäfte der stationären Einzelhändler seit Mitte Dezember geschlossen. Insbesondere Mode-, Unterhaltungselektronik- und Möbelhändler bangen um ihre Existenz. Im von Bund und Ländern jüngst beschlossenen Öffnungskonzept ist eine breite Öffnung des Einzelhandels frühestens am 5.4 vorgesehen, sofern die Inzidenz unter 100 liegt.

In der Branche wächst denn auch der Unmut über HDE-Präsident Josef Sanktjohanser, der sich während der Corona-Krise auffallend selten öffentlich zu Wort gemeldet hat. Kritiker argwöhnen, der Ex-Rewe-Vorstand habe vor allem die Interessen der Lebensmittelhändler im Auge, die im Windschatten des Lockdowns systematisch ihr Sortiment im Non-Food-Bereich wie etwa Textilien ausbauen. Um die Interessen der Nicht-Lebensmittelhändler besser zu vertreten, haben sich um den Schuhriesen Deichmann und den Chef des Shopping-Center-Betreibers ECE, Alexander Otto, Branchengrößen wie KiK, Thalia, Breuninger, Ernsting‘s Family, s.Oliver und Peek & Cloppenburg zu einer informellen Initiative zusammengeschlossen.

In Gesprächen mit Finanzminister Olaf Scholz, dem Kanzleramt sowie den Spitzen der Bundestagsfraktionen hat die sogenannte „Deichmann-Gruppe“ maßgeblich dazu beigetragen, die auf dem jüngsten Corona-Gipfel beschlossenen Lockerungen wie das Click & Meet-Konzept sowie die bundesweite Öffnung von Buchläden und Baumärkten vorzubereiten. Wie zu hören ist, wird in der Initiative bereits überlegt, die bislang informellen Strukturen stärker zu institutionalisieren. Offen sei aber noch, ob dies unter dem Dach des HDE, in dem die Lebensmittelhändler den Ton angeben, oder in einer eigenständigen Verbandsstruktur erfolgen soll. Für den HDE wäre eine solche Abspaltung eine herbe Schwächung.

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