Immobilienfonds kämpfen gegen das Verdursten
Nicht Abflüsse, sondern geringe Zuflüsse sind das Hauptproblem der offenen Immobilienfonds. Noch nie sammelten die Produkte so wenig Geld ein wie zuletzt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Immobilienfonds verzeichnen einen neuen Negativrekord: Noch nie seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1993 haben Sparer und Investoren so wenig Geld in offene Publikumsimmobilienfonds in Deutschland neu angelegt wie im zurückliegenden September. Gerade einmal 123 Mio. Euro sammelten die Fonds durch Ausgabe neuer Anteile ein, wie die Bundesbank festhält. Bereits der August hatte mit 136 Mio. Euro einen extrem niedrigen Wert gezeigt.

Zwar sind auch die Abflüsse ein Problem, die seit Mitte 2023 stetig zugenommen haben. Mit der abrupten Anlegerflucht während der Finanzkrise 2008 sind die heutigen Zahlen aber nicht vergleichbar. Anders als damals müssen Anleger heute vielfach Mindesthalte- und Kündigungsfristen beachten. Häufig erhalten sie ihr Geld erst ein Jahr nach Kündigung zurück. Die PLATOW Prognose 2026, demnächst bestellbar im Abo-Shop, befasst sich in einem Kapitel ausführlich mit der aktuellen Lage bei den offenen und geschlossenen Immobilienfonds.
Wenig Flüssigkeit
Problematisch sind die stetigen Abflüsse erst, wenn sie gepaart sind mit geringen Zuflüssen. Würden Immobilienfonds heute immer noch genauso viel Geld einsammeln wie bis ins Jahr 2022 hinein, würden sich die Abflüsse und Zuflüsse ungefähr die Waage halten. Etwas höher fallen die Zuflüsse heute wohl nur noch dann aus, wenn die Ausschüttungen großer Fonds automatisch wieder angelegt werden – vermutlich stechen deshalb einige Monate hervor, während das Niveau der Zuflüsse insgesamt gering ist (siehe Grafik).
Weil kaum noch neues Anlegergeld hereinkommt, summieren sich die Abflüsse seit August 2023 netto auf 12,3 Mrd. Euro. Damit ist binnen zwei Jahren rund ein Zehntel der Fondsvermögen abgeflossen. Das Gesamtvolumen der Fonds erreicht heute 115,5 Mrd. Euro.
Eigentlich spricht das Marktumfeld für wieder steigende Zuflüsse: Nach dem jüngsten Preisrutsch erholen sich die Immobilienwerte in Deutschland wieder. Zugleich ist das Zinsniveau gesunken, so dass klassische Zinsprodukte den Immobilienfonds nicht mehr per se den Rang ablaufen. Einige Fonds erzielten zuletzt auf Jahressicht noch ansehnliche Renditen, etwa der „Deka-Immobilien: Europa“ mit 2,4% oder der „Hausinvest“ mit 1,8%.
Fall hängt vor dem EuGH fest
Doch die Branche leidet unter Rechtsunsicherheit: Der Streit über die Risikoeinstufung des Union Investment-Fonds „UniImmo: Wohnen ZBI“, der im vergangenen Jahr mit einer hohen Abwertung überrascht hatte, liegt mittlerweile beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dabei geht es um die Frage, ob die Fonds die Preise der Immobilien mindestens monatlich ermitteln müssen, um nicht auf der Risikoskala pauschal als riskant (Stufe 6 von 7) eingestuft zu werden. Bisher werden die Objekte in Immobilienfonds typischerweise alle drei Monate geschätzt. Die ausgewiesenen Risiken liegen üblicherweise bei „1“ oder „2“, sie sind also auffällig niedrig.
In der Fondsbranche will sich auf unsere Nachfrage hin zunächst niemand mit einer Einschätzung vorwagen, inwiefern der Rechtsstreit Banken, Sparkassen und Finanzvertriebe davon abhält, Immobilienfonds zu verkaufen. Eine Vorsicht im Vertrieb wäre naheliegend, sind einige Banken doch bereits mit Klagen konfrontiert. Klarheit gibt es vorerst nicht: Nach Einschätzung der Ombudsstelle des Fondsverbands BVI wird der EuGH die Streitfrage nicht vor Ende 2026 entscheiden.
Solange unterm Strich viel Geld abgeht, sind Fonds zum Verkauf von Immobilien gezwungen – so zuletzt auch der „UniImmo: Wohnen ZBI“. Für die Branche entspannt sich die Lage erst, wenn wieder mehr Geld in die Fonds fließt.