IVG offenbart Liquiditäts- und Anleihedesaster
Bereits auf der Aufklärungs-PK Ende März flüsterten sich Journalisten „Insolvenz“ zu und fragten wohl auch nach rechtlichen Konsequenzen gegenüber Altvorständen. Seither fehlt uns immer mehr der Glaube an die Vollständigkeit früherer Zahlen und Fakten. Zu bedenken ist, dass die heute vom Management beklagte Höhe und Fälligkeit von Anleihen und Krediten den Finanzfachleuten im Vorstand längst hätte bekannt sein müssen. Die Immobilien wurden regelmäßig bewertet, so dass die Aktionäre bis ins Frühjahr hinein von einem Net Asset Value von annähernd 1 Mrd. Euro ausgehen konnten. Blickt man auf den Markt, hätten die Immobilien in den zurückliegenden beiden Jahren eigentlich an Wert gewinnen müssen. Die IVG spricht über die Aktionäre, denen das Unternehmen gehört, übrigens gar nicht mehr, sondern nur noch über Stakeholder und Gläubiger. Wir sind gespannt, wie lange die Aufsicht die magere Kommunikation und die Aktionäre ihre Enteignung überprüfungslos mitmachen.
Die IVG lässt in ihren jüngsten Erklärungen durchblicken, dass es mit Zahlungen schwierig werden wird. Inwieweit die vorliegende Offenbarung der Finanzlage rechtliche Fristen auslöst, wäre juristisch abzuklären. Aus Vorstandssicht ist sicher zu bedenken, dass reine (immobilienwirtschaftliche) Dummheit, z. B. auch und gerade früherer Vorstände, nicht strafbar ist, während ein Verstoß gegen Formvorschriften durchaus Einzelpersonen angekreidet werden kann. Wir fragen uns, wo die Anfang März noch planbare Liquidität, die guten Perspektiven, die Milliarde NAV in Immobilien und das erfolgreiche operative Geschäft geblieben sind.
Eine WP-Analyse hat „die möglichen Befriedigungsquoten einzelner Gläubigergruppen im Rahmen verschiedener insolvenzrechtlich induzierter Liquidationsszenarien – also für den Fall, dass eine einvernehmliche Einigung der verschiedenen Gläubigergruppen nicht erreicht werden kann“, zusammengefasst. Das kalkulatorische Ergebnis eines Zerschlagungsfalles ergibt diese Befriedigungsquoten: ca. 96 bis ca. 100% für Objektfinanzierungen, ca. 86 bis ca. 89% für den syndizierten Kredit von 2009 (Syn Loan II), ca. 46 bis ca. 55% für den syndizierten Kredit von 2007 (Syn Loan I) und ca. 27 bis ca. 41% für die Wandelanleihe. Die Gläubiger der Hybridanleihe und die Aktionäre würden voraussichtlich jeweils keine Befriedigung erhalten. Das heißt für PLATOW, dass beim Scheitern der Verhandlungen Insolvenzgründe vorliegen und rechtlich verbindliche Zahlungen nicht geleistet werden können.
Dies alles kann keine Überraschung der jüngsten Zeit gewesen sein. Ziel der IVG nach vager Formulierung des Vorstands ist es, sich kurzfristig mit den wesentlichen Stakeholdern auf ein tragfähiges Konzept zu einigen. Die größten Gläubigergruppen haben inzwischen ihre jeweiligen Vorstellungen geäußert: „Wir arbeiten darauf hin, IVG wieder auf eine gesunde finanzielle Basis zu stellen, um nachhaltig kapitalmarkt- und dividendenfähig zu werden.“ Fazit: Der Asche der heutigen IVG wird der Phönix der neuen IVG mit der konsequenten „Ausrichtung an den Stärken als integrierte Plattform von Investment- und Fondsgeschäft in Europa“ entsteigen. IVG wird The Squaire nicht veräußern (können?), sondern voraussichtlich in den Eigenbestand überführen und weiter vermieten.