Immobilien

JLL – Die Krise bleibt aus

„Niemand erwartet für Deutschland in 2012 wirklich eine Rezession, niemand erwartet einen Anstieg der Arbeitslosigkeit, und die Konsumlaune der Deutschen ist weiterhin sehr gut.“ So fasst Andreas Quint, Deutschland-Chef von Jones Lang LaSalle (JLL), der Anfang nächsten Jahres nach London wechselt, auf seiner traditionellen Jahres-PK die Perspektiven für 2012 zusammen.

Die deutsche Realwirtschaft habe nach wie vor stabilen Grund unter den Füßen, Deutschland bleibe ein sicherer Hafen im internationalen Immobiliengeschäft.

Quint erwartet vor dem Hintergrund des gegenwärtigen und für die Zukunft absehbaren makroökonomischen Umfelds dennoch deutliche Veränderungen. Der Verschuldungsgrad von Immobilientransaktionen nehme zukünftig weiter ab. Immobilien-Transaktionen würden wieder größer, grenzüberschreitender und über zurückkehrende Portfolio-Deals wieder komplexer. Das gelte auch für die Kapitalstruktur bei Immobilien-Transaktionen. Einfache Strukturen mit einem Darlehen und einem Eigenkapitalgeber würden durch Strukturen mit mehreren, nicht gleichrangigen Kreditgebern wie z. B. Mezzanine-Kapital, Waterfall-Strukturen, Preferred Equity, Besserungsscheinen etc. ersetzt. JLL werde in diesem schwieriger werdenden Finanzierungsumfeld seine Aktivitäten erheblich ausweiten. Vor dem Hintergrund der Krisenbeteuerungen mit einer Rückkehr zu einfachen Konstruktionen und der Besinnung auf tradierte Immobilien-Kernkompetenzen setzt das einen Kontrapunkt. Wahrscheinlich hören wir nächstes Jahr wieder vom Trend zur Virtualisierung der Immobilie.

Helge Scheunemann, Leiter JLL Research Deutschland, sieht den deutschen Immobilienmarkt nach wie vor weit entfernt von einer Krisenstimmung. Allerdings haben sich die Klimaindizes deutlich abgeschwächt. Das Transaktionsvolumen sei im Vorjahresvergleich kräftig gestiegen, jedoch seien die Maximalziele nicht erreicht worden, da der Markt sich weiterhin auf Core beschränke. In der Immobiliengesamtsicht bauen eigenkapitalstarke Investoren ihre Immobilienbestände weiter aus. 45% des gesamten Transaktionsvolumens in Deutschland, 50% des gesamten Einzelhandelsimmobilienvolumens und 60% des gesamten Portfoliovolumens wurden von ausländischen Investoren getätigt. Der Anteil der Einzelhandelsimmobilien-Transaktionen war 2011 so hoch wie nie. Die wichtigsten Gründe hierfür sind aus Investorensicht die Vermutung von Asset-Management-Potenzialen, der Anlagedruck, die Hoffnung auf eine positive Entwicklung des privaten Konsums, die große Nachfrage internationaler Filialisten, stabile Cashflows und die Möglichkeit zur Diversifizierung bürolastiger Portfolien. Allerdings dürften viele Einzelhandelsinvestitionen ganz einfach auch fehlenden Alternativen geschuldet sein.

Für 2012 erwartet JLL, dass die Nachfrage nach Core die Renditen weiter drücken wird, jedoch dürfte der Boden nahe sein. Die Rendite-Schere zwischen Prime- und Secondary-Renditen werde sich wieder weiter öffnen und je nach Lage und Objektqualität zwischen 80 und 200 Basispunkte ausmachen. Die Nachfrage nach Büroflächen bleibe fundamental weiter hoch. Hier sind seit 1999 lediglich zyklische Schwankungen festzustellen. Anders als das Investmentgeschäft ist der Bürovermietungsmarkt wieder stärker deutsch geprägt. Das Neubauvolumen geht in Deutschland weiter zurück. Dagegen steigt der Anteil von Sanierungen. Positiv entwickelt sich die Nettoabsorption. Von 140 000 qm im Jahr 2009 stieg sie auf voraussichtlich knapp 1 Mio. qm in 2011 und sollte auch 2012 mit etwa 700 000 qm positiv bleiben. Die Büromieten legen aktuell leicht zu. Dies trifft nach Recherchen von JLL nicht nur auf die Spitzenmieten zu, sondern mit flacherem Verlauf auch auf die Durchschnittsmieten.

Gleichwohl haben sich die JLL-Aussichten für 2012 zwischen August und Dezember 2011 drastisch verschlechtert. Die Wahrscheinlichkeit eines normalen Basis-Szenarios ist in den vergangenen Monaten von 60 auf 50% gesunken. Ein positives Upside-Szenario sieht JLL gar nicht mehr. Ein noch beherrschbares Downside-Szenario hat inzwischen eine von 20 auf 40% erhöhte Wahrscheinlichkeit, während das „Nightmare“-Szenario mit einer Verdoppelung der Eintrittswahrscheinlichkeit auf 10% inzwischen keineswegs mehr völlig abwegig erscheint. Paradox ist, dass das Alptraum-Szenario deutsche Immobilien derzeit besonders attraktiv macht. Im Crash-Fall profitieren sie im Vergleich zu anderen Anlagealternativen. Selbst bei einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone wäre aus internationaler Sicht mit hohen Aufwertungsgewinnen eines Kern-Euro zu rechnen.

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