Immobilien

JLL erwartet deutlichen Rückgang für Büro, Handel und Investments

Deutschland bleibt trotz rückläufiger Werte stabil; für die Immobilie sind gute Zeiten angebrochen; der Einzelhandel profitiert sogar von der Krise; die Verbrauchsstimmung ist gut. Das sind die Trends, die Jones Lang LaSalle am vergangenen Dienstag auf der Halbjahres-PK vorstellte.

Neu-Deutschlandchef Frank Pörschke, der die PK nutzte, um seine Aufwartung zu machen, erwartet, dass die Zahlen 2012 trotz des Einbruchs noch über dem langfristigen Schnitt liegen werden. Obgleich die Vermietungsaktivitäten einen leichten Rückgang verzeichnen mussten, konnten rückläufige Leerstände sowie vereinzelte Mietpreisanstiege registriert werden. Der Vermietungsumsatz erreichte zum Halbjahr mit rund 1,42 Mio. qm ein Minus von knapp 14%. Mit -5% bzw. -6% hält sich das Minus in Hamburg und Berlin und mit -10,1% in Frankfurt in Grenzen, ist aber mit -35% in Köln und -21% in Düsseldorf beachtlich. Zum Jahresende sollte der Umsatz um die 3 Mio. qm (-12%) liegen.

Auf dem deutschen Investmentmarkt zeigt sich mit 9,4 Mrd. Euro eine Abschwächung um 16%. Das erste Quartal war noch lebendig, das Q2 dagegen ruhig. Die Investorennachfrage sei nach wie vor stabil. 23 Mrd. Euro sollten es zum Jahresende prognosegemäß noch werden. Es mangele bei anhaltender Risikoaversion vor allem an Core-Angeboten, fasst Pörschke zusammen. Auf die Big-7-Städte entfielen mit 5,13 Mrd. Euro mehr als die Hälfte des Volumens (-4%). Während München und Stuttgart deutlich zulegen konnten, wurden Frankfurt mit -46%, Köln und Düsseldorf mit -30%, Hamburg mit -26% sowie Berlin mit -7% kräftig gebeutelt. Im Bereich des Megatrends „Green“ moniert Pörschke, dass in Deutschland nach wie vor die Neigung bestehe, bei der Suche nach technisch perfekten Lösungen die pragmatischen Ansätze zu vernachlässigen.

Die Auflösung Offener Immobilienfonds tangiert den deutschen Markt kaum, analysiert JLL-Research-Chef Helge Scheunemann. Zwischen 2008 und 2012 wurden von offenen Fonds, die zur Liquidierung anstehen, bereits für 1,9 Mrd. Euro Immobilien verkauft. Davon betrafen 62%, also rund 1,18 Mrd. Euro, aktuell stark nachgefragte Einzelhandelsimmobilien. Bis 2017 stehen noch weitere 7,1 Mrd. Euro zum Verkauf. Davon sind aber mit 71% fast drei Viertel Büroimmobilien. Nur 21%, also knapp 1,5 Mrd. Euro, sind Handelsimmobilien. Scheunemann nimmt aber auch aus dem vermeintlichen Druck auf die Büroimmobilienmärkte die Dramatik. Schließlich seien nur 28% der Büroobjekte in Deutschland gelegen. Diese 1,4 Mrd. Euro könne Deutschland locker verkraften.

Handelsvermietung und Handelsumsätze profitieren von der Krise. Zwar habe der Konjunktur-Optimismus im Zuge der Euro-Krise einen Dämpfer bekommen, jedoch seien die Einkommenserwartung und die Anschaffungsneigung weiter gut, stellte JLL-Einzelhandelschef Jörg Ritter fest. Rückläufige Investment- und Vermietungsumsätze seien kein Zeichen für eine schwache Nachfrage, sondern für ein unzureichendes Angebot. Bundesweit wurden im ersten Halbjahr rund 270 000 qm Einzelhandelsflächen in Deutschlands 1A-Lagen vermietet (-19% ggü. Vorjahr). Die starke Fokussierung der Mietinteressenten auf die Toplagen in den Metropolen nehme weiter zu. Rund 100 000 qm wurden in den Toplagen der Top-9-Städte vermietet (-25%). Berlin bleibt mit über einem Drittel Marktanteil an den Top 9 das mit Abstand wichtigste Expansionsziel. Mehr als die Hälfte der bundesweit abgeschlossenen Neuvermietungen im ersten Halbjahr geht auf international tätige Handelskonzepte zurück. Diese fokussieren ihre Deutschland-Expansion auf die großen Metropolen. Gerade sie sehen Berlin als wichtigsten Must-have-Standort an. JLL erwartet für die Hauptstadt im zweiten Halbjahr einen ungewöhnlich deutlichen Anstieg der Spitzenmiete um 30 Euro auf bis zu 270 Euro je qm. Nur in München und Frankfurt liegen die Mieten mit 330 bzw. 290 Euro in der Spitze noch höher. Alle anderen Metropolen, wie auch Köln, haben einen leichten Aufwärtstrend und erreichen im zweiten Halbjahr stabile Spitzenmieten zwischen 235 und 255 Euro. Allerdings dürfe nicht übersehen werden, so Ritter, dass Gespräche mit Mietinteressenten vermehrt Sorgen um künftige Umsatzrückgänge aufzeigten. Das sehr hohe Vermietungsvolumen der Big 9 von 250 000 qm aus 2011 werde nicht wiederholt, dennoch spräche einiges dafür, dass Deutschland seine derzeit europaweit dominante Stellung als Expansionsziel aufrechterhalten könne. Viele internationale Konzepte hätten auf ihren Heimatmärkten eine Sättigung erreicht und sehen in Deutschland noch Distributionspotenzial.

Deutschland ist neben Großbritannien der mit Abstand aktivste Retail-Investmentmarkt in Europa. Rund die Hälfte des Transaktionsvolumens im ersten Halbjahr entfällt auf internationale Investoren. Dies liegt allerdings auch an der vor kurzem beschlossenen Beteiligung von Unibail Rodamco an der Essener mfi. Bis Ende Juni verzeichnete JLL ein aufgelaufenes Transaktionsvolumen von rund 2,86 Mrd. Euro (Vj. über 6 Mrd. Euro). Allerdings habe sich die Grundstimmung im Markt nicht verändert. Der Engpass gerade im großvolumigen Bereich sei bei anhaltender Fokussierung auf makellose Core-Immobilien das fehlende Produkt. Das knappe Angebot führe überraschenderweise aber nicht dazu, dass die Preise stiegen. Die Akteure handelten vernünftig. Shoppingcenter blieben bei einem bis Ende Juni aufgeworfenen Volumen von fast 1,5 Mrd. Euro mit fast 50% Anteil die mit Abstand wichtigste Anlagekategorie. Die Spitzenrenditen blieben im Durchschnitt der Big-7-Metropolen stabil. Gut aufgestellte Shoppingcenter erreichen unverändert 5%. Bei Fachmarktprodukten notiert JLL 5,9% für große Fachmarktzentren und 6,5% für erstklassige Fachmärkte. Geschäftshäuser in 1A-Lagen der Top 7 werden von JLL bei 4,16% im Durchschnitt gesehen.

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