Nach BGH-Urteil – Augen auf bei Kreditverträgen
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Seit 2014 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach mit Kreditgebühren befasst und deren Zulässigkeit verneint. Die BGH-Richter übertragen in den aktuellen Entscheidungen nun wesentliche Grundsätze der Urteile zu Verbraucherkrediten auf den Unternehmerbereich. Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsgebühren sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Auch unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche hielten die Klauseln der so genannten Inhaltskontrolle nicht stand. Die Bearbeitungsgebühren ließen sich auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs oder etwaigen Steuervorteilen rechtfertigen. Nach dem BGB stelle der vom Kreditnehmer zu zahlende Zins die Gegenleistung für das gewährte Darlehen dar. Ein Anspruch auf zusätzliche Gebühren bestehe nicht. Ein solcher Anspruch könne auch nicht durch den zusätzlichen Bearbeitungsaufwand begründet werden, etwa in Form der Bonitätsprüfung, der Datenerfassung oder wegen umfassender Vertragsgespräche. Hierbei handele es sich nicht um Sonderleistungen der Bank. Diese Tätigkeiten stünden vielmehr im eigenen Interesse des Kreditinstituts oder folgten aus bestehenden rechtlichen Verpflichtungen der Bank. Der Kunde dürfe also davon ausgehen, dass sämtliche Bearbeitungskosten durch die Zinsen abgedeckt seien.
Grundsätzlich gilt die Dreijahresfrist
Hinsichtlich der Rückzahlungsansprüche gilt grundsätzlich die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren. Der Bundesgerichtshof geht in seinen Entscheidungen vom 4.7.17 davon aus, dass spätestens ab 2011 infolge der einheitlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Verbraucherbereich eine geklärte Rechtslage vorlag. Damit wäre es auch Unternehmern bereits 2011 – trotz der immer noch divergierenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Unternehmerbereich – zumutbar gewesen, Klage einzureichen. Das heißt konkret, dass Ansprüche von Unternehmern auf Rückzahlung von Bearbeitungsgebühren, die bis 2013 gezahlt wurden, regelmäßig mit Ablauf des Jahres 2016 verjährt sind. Ansprüche aus 2014 können von den Kunden noch bis Ende des Jahres 2017 zurückverlangt werden, jedenfalls dann, wenn diese Gebühren nicht individuell ausgehandelt wurden. Auch hinsichtlich später gezahlter Bearbeitungsgebühren ist noch keine Verjährung eingetreten. In diesen Fällen besteht zudem ein Anspruch auf Nutzungsersatz hinsichtlich der gezahlten Bearbeitungsgebühren. Dieser wird zumeist mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz veranschlagt. Die Auszahlung dieses Zinsanteils unterliegt dem Abzug der Kapitalertragssteuer in Höhe von 25% und dem Solidaritätszuschlag, der mit 5,5% aus der Kapitalertragssteuer berechnet wird.
Banken rüsten sich
Wie stark die zu erwartenden Rückforderungen die Banken belasten werden, ist schwer abzuschätzen. Einige Banken haben wegen der unklaren Rechtslage bereits in der Vergangenheit davon Abstand genommen, Bearbeitungsgebühren von Unternehmern zu verlangen. Die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betreffen deshalb vermutlich nur einen Teil der bestehenden gewerblichen Darlehensverträge. Allerdings geht es bei gewerblichen Krediten – anders als im Verbraucherbereich – meist um vergleichsweise hohe Darlehensbeträge und damit auch um hohe Bearbeitungsgebühren. Der Anreiz für betroffene Unternehmer, ihre Ansprüche mittels einer Klage geltend zu machen, dürfte also höher sein. Schon 2014 erreichten die Rückforderungsansprüche infolge der Entscheidungen im Verbraucherbereich einen Milliardenbetrag. Insgesamt drohen den Banken auch jetzt Rückzahlungsforderungen in Höhe von mehreren Milliarden Euro.
Das führt bei den Banken zu Überlegungen, ob Zinsen erhöht oder separate Verträge abgeschlossen werden sollen, um den zusätzlichen Aufwand, der gegebenenfalls bei Abschluss eines Darlehensvertrages anfällt, einzupreisen. Denkbar ist auch ein laufzeitabhängiges Disagio zu veranschlagen oder einen separaten Fee Letter unter der Wahl ausländischen Rechts zu vereinbaren, zumindest dann, wenn die Finanzierung im Unternehmerbereich einen Auslandsbezug aufweist.
Achtung, Ausnahmen!
Bereitstellungsgebühren, auch Commitment Fees genannt, bleiben auch nach der jüngsten Rechtsprechung regelmäßig zulässig. Gleiches gilt für Arrangierungsprovisionen (Arrangement Fees), wenn sie als Gegenleistung für die Suche und die Vermittlung weiterer Kreditnehmer veranschlagt werden. Außerdem wurden Bearbeitungsgebühren und Risikoprämien für vergünstigte Förderdarlehen, bei denen die ausgebende Bank eine vorzeitige Darlehensrückzahlung ohne Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung gestattet, für zulässig erklärt.
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