Immobilien

Offene Fonds in Abwicklung retten größten Teil des Vermögens

Das Desaster um die Aktienkursentwicklung der einstigen Vorzeige-Immobilienaktiengesellschaft IVG, über deren nachdenklich stimmende Perspektiven durch Übernahme der vorrangig besicherten Kredite wir vergangene Woche berichteten, hat den Blick auf die immer klarer werdenden Übertreibungen bei der Berichterstattung über die Offenen Immobilienfonds gelenkt.

Durchschnittlich lediglich 10% beträgt nach jetzt fast fünf Jahren die festgestellte und nun realistisch beurteilbare Wertberichtigung sogar der Negativauslese der abzuwickelnden Offenen Immobilienfonds mit Verkaufszwang. Das ermittelte brandaktuell der Bewerterverband BIIS.

Über 99% ihres Einsatzes verloren dagegen die IVG-Anleger, die zum ungünstigsten Zeitpunkt eingestiegen sind. 95% gingen IVG-Aktionären noch in den vergangenen 21 Monaten verloren. Dabei gehört die IVG nach wie vor zu den größten Bestandshaltern. Dazu kommt ein durchaus ertragsreiches Dienstleitungs- und Fondsgeschäft. Allerdings hat die von uns schon in den frühen 90er Jahren monierte „Klumpatsch“-Strategie, alle Immobiliengeschäfte unter einem Dach durchzuführen, zusammen mit der Inkompetenz des Projektentwicklungsgeschäfts den Aktionären den Garaus gemacht. Dennoch läuft dies in der Öffentlichkeit vergleichsweise ruhig ab. Auch ist von einer Einblicknahme öffentlicher Stellen in die Berichtsverpflichtungen einer Aktiengesellschaft bislang nichts zu hören.

Anders sieht es dagegen bei den Offenen Immobilienfonds aus, deren Bewertungskorrekturen und notwendige Schließungen im Gefolge der definitiv nicht von den Offenen Immobilienfonds verschuldeten Finanzkrise eine Skandal-Berichterstattung und ein offensives Regulierungsbemühen auslösten. Wir mahnten regelmäßig zur Besonnenheit und verwiesen auf die zu erwartenden Verlustrahmenbedingungen bei Offenen und Geschlossenen Immobilienfonds sowie den Immobilien-Aktiengesellschaften. Die Schließung bzw. Abwicklung von Offenen Immobilienfonds führte zu frei vermuteten Verlustszenarien durch Politik und Presse. Dabei ist festzuhalten, dass sogar bei den in Abwicklung befindlichen Offenen Immobilienfonds das Anlegerkapital noch zu durchschnittlich fast 90% erhalten bleibt. Selbst im Worst Case-Sonderfall des Morgan Stanley-Fonds mit einer zu deutschen Usancen eher inkompatiblen Geschäfts-, Investitions- und Finanzierungspolitik konnten 77% des Kapitals gerettet werden.

Die BIIS-Studie, die einen 5-Jahres-Vergleich zwischen der Lehman-Zäsur und heute zieht, legt nun den tatsächlichen Wertberichtigungsbedarf der Negativauslese der unter Verkaufszwang stehen Abwicklungs-Fonds offen. Das dürfte viele Vorurteile über Offene Immobilienfonds relativieren. Die vorliegenden Informationen sollten im Durchschnitt aussagefähig sein. Betrachtet man die aktuellen Investments der in Abwicklung befindlichen Fonds, so liegen gut 50% der Gesamtinvestments in Märkten mit sinkenden Renditen bzw. steigenden Preisen. Hier drohen Abwertungsrisiken lediglich bei Einzelfällen. Ähnliches gilt für weitere 27% der Investments, die sich in stabilen Märkten befinden. Bei diesen Investments dürfte ebenfalls nur die spezifische Verkaufssituation zu etwaigen Risiken führen. In problematischen Märkten sind nach BIIS-Analyse lediglich weniger als 20% der Immobilien der in Abwicklung befindlichen Fonds angesiedelt. Ähnliches gilt für die Analyse nach Mietentwicklung. Hier entfallen 60% der Immobilien auf Märkte mit steigenden Mieten, 32% auf Märkte mit stabilen Mieten und lediglich weniger als 10% auf Märkte mit sinkenden Mieten. Insofern sind keine weiteren marktbezogenen Überraschungen zu erwarten.

Besonders interessant ist die Entwicklung von Bestands-, Verkaufs- und Abwertungsvolumina der zur Abwicklung anstehenden Offenen Immobilienfonds zwischen dem Peak 2007/2008 und dem Jahreswechsel 2012/2013. Das Bestandsvolumen per Ende 2008 belief sich auf etwa 37 Mrd. Euro. Davon wurden inzwischen knapp 31%, also 11,2 Mrd. Euro, verkauft. Als kumuliertes Wertveränderungsvolumen ergab sich ein Abwertungsbedarf von 3,8 Mrd. Euro, also 10,5%. Dieser so ermittelte Abwertungsbedarf dürfte die aktuelle durchschnittliche Marktsituation recht gut abbilden. Vor dem Hintergrund der Objektallokation sollten die weiteren Risiken überschaubar bleiben. Ein Wertänderungsvolumen zwischen Ende 2008 und Ende 2012 von weniger als 5% weisen derzeit KanAm Grundinvest, CS Euroreal, SEB ImmoInvest und UBS aus. Die beiden AXA-Fonds liegen bei etwa 7% bis 8% Korrekturbedarf. Zwischen 12% und 15% Abschreibungsbedarf haben Degi German Business, TMW Immobilien Weltfonds und Degi International. Den höchsten Wertkorrekturbedarf weisen die eher volumensschwachen Fonds Degi Europa und Morgan Stanley P2 Value mit maximal 20% bzw. 23% auf.

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