Offene Fonds wieder im Aufwind
Offene Fonds haben wieder Mittelzuflüsse. Die auf die Stimmung drückende Unsicherheit der zur Abwicklung anstehenden Fonds ist durch die Abwicklungsentscheidung herausgenommen. Jetzt wird professionell gearbeitet. Mit Thomas Richter, dem neuen Hauptgeschäftsführer des BVI ist auch ein neuer Ton eingekehrt, der auf sinnvolle Kompromisse statt auf kurzbeinige Powerstatements, die sein Vorgänger bevorzugte, setzt. Der Regulierungsenthusiasmus des BMF und des zuständigen Referatsleiters Uwe Wewel weicht einer pragmatischen Sichtweise, die für eine regulierungsbereite Szene der Geschlossenen Fonds mit der neuen, dem KAGB unterliegenden Investment-KG eine Chance bedeutet. Moderator Werner Rohmert vom PLATOW-Team machte die Entwicklung der Weltuntergangsstimmung 2012 im Vergleich zur Aufbruchstimmung des laufenden Jahres deutlich.
Bei den Offenen Fonds, die mit dem Gesetzentwurf im Prinzip leben können, ergeben sich als wichtigste Kritikpunkte die Ungleichbehandlung alter und neuer Fondsanleger durch den geplanten Entfall des 30 000 Euro-Rückgaberechts, die Abschaffung der Sachverständigenausschüsse, die durch Einzelgutachter ersetzt werden sollen, die unterschiedliche Bewertung von Direktinvestments und Immobilien in Gesellschaften sowie die Beschränkung von Anteilsausgabe und -rücknahme auf Stichtage. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wies auf deutliche Schwächen des Gesetzesentwurfs unter Verbraucherschutzgesichtspunkten hin. Hier bestehe Nachbesserungsbedarf, dem Wewel jedoch widersprach.
Unsicherheit resultiert nach wie vor aus der Fondsabwicklung, die naturgemäß die denkbar schlechteste Lösung der Vermögensoptimierung ist, wie Professor Steffen Sebastian deutlich machte. PLATOW hatte im Vorfeld schon darauf hingewiesen, dass ein gewachsenes Portfolio mit unterschiedlichen Lebenszyklusphasen und Mietrestlaufzeiten in einem auf Core fixierten Umfeld bei einem erheblichen Teil des Portfolios Probleme bereiten müsse. Eine brandaktuelle Untersuchung von Rreef belegt denn auch, dass Abwicklungsfonds tendenziell bessere Immobilien mit deutlicheren Preisabschlägen verkaufen als aktive Fonds. Vor dem Hintergrund des Verkaufszwangs auf der einen Seite und der reinen Gewinnmitnahme und strategischen Bereinigung auf der anderen Seite ist das wenig überraschend. Zudem müssen Abwicklungsfonds schnell die besten Immobilien verkaufen, da sonst auch diese Ware durch abnehmende Mietvertragslaufzeiten noch verderben würde und die Core-Euphorie heute nun einmal beste Verwertungschancen ermöglicht. Außerdem ist stehendes Wissen, dass in jedem gewachsenen Portfolio das erste Drittel schnell verkäuflich ist, das zweite Drittel Arbeit macht und das letzte Drittel möglichst von jemand anderem verwertet werden sollte. Warum soll das bei Offenen Immobilienfonds anders sein?
Bei Würdigung der Gesamtstimmung, des klaren Politik-Bekenntnisses zum Publikumsfonds, des hohen Anlagedrucks Institutioneller, für die die Asset Manager maßgeschneiderte Lösungen mit Spezialfonds anbieten können, und der noch bestehenden Verhandlungspotentiale sollte die Branche der Offenen Immobilienfonds die Regulierungsklippe gut umschiffen können. Anders als die Branche selber, die in den offenen Punkten noch prohibitive Risiken sieht, rechnet PLATOW mit durchaus vernünftigen Regelungen. Offen ist allerdings, wann und ob überhaupt noch neue Publikumsfonds außerhalb der großen Bankengruppen aufgelegt werden können. Dies ist aber ein Markt- und kein Regulierungsproblem.