Offene Immobilienfonds – Wie Phönix aus der Asche
Die große Krise der offenen Immobilien-Publikumsfonds nahm vor ziemlich genau zehn Jahren ihren Anfang. Im Oktober 2008, rund einen Monat nach der Insolvenz des Bankhauses Lehman Brothers, konnten sich die Fonds den Schockwellen, die durch die Finanzwelt liefen, nicht mehr entziehen. Am 24.10.08 musste der KanAm US Grundinvest Fonds als erster offener Immobilienfonds nach der Finanzkrise die Rücknahme der Anteilscheine aussetzen. Allein in den folgenden sechs Tagen bis zum 30.10.08 waren zwölf weitere Fonds mit einem Immobilienvermögen im zweistelligen Milliardenbereich gezwungen, zu schließen. Nachdem alle Wiederöffnungsversuche gescheitert waren, blieb zwischen 2010 und 2012 zahlreichen Fonds nur noch der Weg in die Liquidation. Unter dem Strich musste mehr als ein Dutzend Fonds mit einem Immobilienvermögen von mehr als 20 Mrd. Euro unter Druck verkauft werden.
Wie ist die Situation der offenen Immobilienfonds zehn Jahre später? Die Abwicklungen sind weitgehend abgeschlossen. Das Ergebnis für die Anleger ist – je nach Anlagedauer – häufig negativ ausgefallen. Zunächst überlebte nur ein Oligopol von vier großen Fondsanbietern. Es handelte sich dabei ausschließlich um Tochtergesellschaften von Banken, die über einen schlagkräftigen Vertrieb verfügen. Als Reaktion auf die Krise reformierte der Gesetzgeber im Jahr 2013 den rechtlichen Rahmen der Fonds grundlegend. Mit dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) wurde die Fristentransformation, die den Fonds inhärent war – nämlich zwischen täglich verfügbaren Anlegergeldern und langfristigen Investitionen in Immobilien –, entschärft. Seit 2013 können Neuanleger ihre Gelder erst nach einer Mindesthaltefrist von 24 Monaten (§ 255 Abs. 3 KAGB) sowie einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten (§ 255 Abs. 4 KAGB) wieder abziehen.
Unerwarteter Produktfrühling
Trotz dieser umfassenden Änderungen begann – nachdem die Jahre 2012 bis 2015 noch von eher negativen Nachrichten geprägt waren – eine Art Produktfrühling der offenen Immobilien-Publikumsfonds. Im August 2015 legte Industria Wohnen den ersten offenen Immobilien-Publikumsfonds mit Wohnimmobilien auf. Im Jahr 2016 folgten drei weitere Fonds für Privatanleger (Mindestzeichnungssumme ab 50 Euro) sowie zwei weitere für semi-institutionelle Anleger (Mindestzeichnungssumme ab 200 000 bzw. 500 000 Euro). 2017 kamen zwei weitere Fonds hinzu – u. a. stieg das Fonds-Schwergewicht Union Investment mit dem „UniImmo Wohnen ZBI“ in das Wohnsegment ein. Bereits im Juli 2018 hatte der Union-Fonds ein Fondsvermögen von 955 Mio. Euro. Für die zweite Jahreshälfte 2018 sind weitere Initiativen angekündigt – beispielsweise vom Fondshaus KGAL.
Die größte Herausforderung ist der Ankauf
Die wohl größte Herausforderung für die neuen Fonds ist derzeit weniger die Kapitaleinwerbung, sondern vielmehr der Ankauf von Immobilien. Die Vehikel müssen ihre Portfolios in einer Marktphase aufbauen, die von hohem Nachfrageüberhang und hohen Immobilienpreisen geprägt ist. Dies birgt das Risiko, dass die Fonds teuer einkaufen und in schwächeren Marktphasen gegebenenfalls Abwertungen vornehmen müssen. Die Fonds befinden sich – in Bezug auf den Ankauf von Immobilien – also in einer ähnlichen Situation wie in den Jahren vor der Finanzkrise (2005 bis 2007). Allerdings muss konstatiert werden, dass die Fonds bei ihren aktuellen Ankäufen sehr viel vorsichtiger und selektiver vorgehen als ein Jahrzehnt zuvor.
Verhaltende Renditeaussichten
Welche Renditen können Anleger von den neuen Fonds nun erwarten? Betrachtet man die Gesamtbranche, liegt die durchschnittliche Rendite bei einem Betrachtungszeitraum von zehn Jahren bei 2,6% pro Jahr und bei einem Fünfjahreszeitraum bei 3,8% pro Jahr. Die neuen Fonds liegen teilweise aktuell noch darüber. Angesichts weiterhin hoher Kaufpreise (und damit sinkender Immobilienrenditen) ist im Schnitt eher mit leicht sinkenden als mit steigenden Renditen zu rechnen.
Unter dem Strich sind die offenen Immobilienfonds aus der großen Branchenkrise im Zuge der Finanzkrise also gestärkt hervorgegangen. Die Regulierung hat die Fonds robuster gegen externe Schocks und damit künftige Krisen gemacht. Aktuell ist die Branche geprägt von neuen Produkten einerseits sowie hohen Mittelzuflüssen andererseits.