Prime Office hat sich doch noch an die Börse geschleppt
Angepeilt war eine Preisspanne zwischen 7 Euro und 9,50 Euro. Aus Insiderkreisen hören wir, dass die Preiserwartung ursprünglich noch höher gewesen sein soll. Den Prime Office-Machern von der Münchener DCM, dem Management und auch dem Markt dürfte aber dennoch ein Stein vom Herzen gefallen sein.
Der Zeitdruck scheint, wie „markt intern“ zuerst aus dem Prospekt ausgrub, hoch gewesen zu sein. Für die Prolongation der Finanzierung von drei Objekten in Düsseldorf, Stuttgart und Nürnberg, deren Mietverträge bis März 2013 auslaufen, haben die geldgebenden Finanziers eine Frist bis zum 30.06.2011 gesetzt. Bis dahin musste die Kuh vom Eis. Selbst wenn die Banken nicht sofort dicht gemacht hätten, wäre das der Einstieg in den „Circulus vitiosus“ der Gewerbeimmobilien-AGs gewesen. Angesichts der hohen Fremdfinanzierungsquote des Vor-Reit von knapp 74% und absehbaren Revitalisierungskosten in Höhe von 42 Mio. Euro für die drei freiwerdenden Immobilien hätte eine Nachfinanzierung kaum Chancen gehabt. Für den Markt wäre ein solches existenzgefährdendes Szenario, das wahrscheinlich auch den Fondsinitiator DCM in Mitleidenschaft gezogen hätte, ein Desaster gewesen. Doch auch jetzt ist die Finanzierung der Nachvermietung und Sanierung noch nicht gesichert. 95% des Erlöses dienen zur Schuldentilgung. Nur 12 Mio. Euro bleiben übrig. Sanierung und Nachvermietungsdauer dürften zudem den laufenden Cashflow beeinträchtigen. Im Moment sieht es aber nach einem guten zyklischen Vermietungszeitpunkt aus. Aber eine weitere Kapitalmaßnahme ist zu erwarten.
Aus Aktionärssicht gibt es sicherlich zwei Perspektiven: Die neuen Aktionäre sind zu 99,82% Institutionelle. Für sie ist das Studieren des Prospekts unabdingbar. Lediglich ca. 62 000 Aktien im Gegenwert von rund 400 000 Euro gingen an Private. Interessant ist, dass die Anleger mit einer defensiven Story zufrieden sind. Da fast der gesamte Erlös in die Schuldentilgung geht, erstreckt sich die Börsenstory auf kaum mehr als die gesparten Zinsen für eine Finanzierung, die keine Bank mehr freiwillig gemacht hätte. Interessant ist sicherlich auch, dass die Deutsche Bank, zu der traditionell ein guter Kontakt zumindest auf der Vertriebsschiene besteht, nicht im Konsortium ist. Der geringe Privatplatzierungsanteil macht zudem deutlich, dass noch nicht einmal die Banken des Konsortiums ihren vermögenden Privatkunden die Platzierung angedient haben. Das gibt schon ein wenig zu denken.
Besonders schmerzhaft ist der Blick auf die Position der Fondsanleger, die ihre Anteile in Aktien einbrachten. Der sehr hohe Fremdkapitalanteil, der das Unternehmen jetzt unter Druck setzte, ist offensichtlich auf den Aufbau einer Reit-Börsenstory in Boomzeiten mit Zukauf weiterer Immobilien aus dem Markt und aus dem Eigenbestand der DCM-Gruppe mit einem extremen Leverage zurückzuführen. Wenn die Alternative nicht das Annähern an einen dramatischen Wertverfall des NAV bei einem Scheitern des Börsengangs wäre, könnte der Betrachter den Kopf schütteln. TAG-Chef Rolf Elgeti hatte kürzlich auf die Gefahr einer Wertevernichtung durch NAV-Abschläge hingewiesen. 10% machten den Unterschied zwischen Erfolg und Desaster aus. Die Prime Office-Altaktionäre wissen jetzt, wovon er sprach. Der Prospekt hatte schon auf eine kräftige Verwässerung hingewiesen. Da war aber noch von 50 Mio. Euro mehr NAV die Rede. Wie kommt man am Abend auf einen NAV-Anteil seiner Aktien von ca. 155 Mio. Euro? Indem man am Morgen mit 260 Mio. Euro NAV-Prospektwert startet! Rund 100 Mio. Euro NAV sind weg – wenn der Prospekt stimmte und die wertmindernden Unwägbarkeiten der Finanzierung und der Mieterauszüge, wie Manager Claus Hermuth bestätigte, in vollem Umfang in die Bewertung zum Börsengang eingegangen sind.