Immobilien

Single-Tenant-Büroobjekte sind eben doch keine Core-Immobilien

Schon mehrfach haben wir Sie auf die existenziellen Risiken von Single-Tenant-Büroobjekten hingewiesen. Die Core-Einordnung von Ein-Mieter-Objekten ist aus unserer Sicht eher dem Sicherheitsstreben der Asset-Manager und Entscheider, die in ihrer persönlichen Entwicklung einige Jahre Ruhe durch Mietvertragssicherheit wünschen, geschuldet als der langfristigen Sicherheit des Kapitalanlegers bei den Kapitalsammelstellen.

Die DIWG STIWA Deutsche Immobilien Wirtschafts Gesellschaft hat in einer aktuellen Studie untersucht, ob Single-Tenant-Büroobjekte als Core-Produkte eingestuft werden können, die auf dem Investmentmarkt als besonders sichere Anlage gelten. In der Pressemitteilung bleiben die Aussagen allerdings eher rudimentär und vermitteln bei allen Risikohinweisen im Hinblick auf die Einzelimmobilie ein zu positives Bild. Im Portfolio kann die Welt anders aussehen.

Beispielhaft wurden unter dieser Fragestellung drei Büroimmobilien näher untersucht. Dabei handelt es sich um die Neue Börse in Frankfurt, die Grüne Mitte Essen und den Vodafone Campus in Düsseldorf. Für die Untersuchung hat die DIWG die Risiken in die vier Kategorien Objekt, Mieter, Vermietung und Verkauf eingeteilt. Grund für ein Investment in Single-Tenant-Objekte sei neben der vertraglichen Mietsicherheit häufig der im Vergleich zu Multi-Tenant-Objekten als gering eingestufte Verwaltungs- und Managementaufwand. Risiken sieht die DIWG aber schon zu Mietbeginn. Mängellisten könnten zu einem über Jahre laufenden Streit mit Mietminderungen führen. Bei Single-Tenant-Objekten seien die Auswirkungen signifikant stärker. Zudem sollte der Vermieter spätestens zwei Jahre vor Vertragsauslauf beginnen, sich intensiv mit unterschiedlichen Nachvermietungsszenarien auseinanderzusetzen. Insbesondere die unkalkulierbare Weitervermietungssituation und ein nur schwer abschätzbarer Exit führen laut DIWG dazu, dass sich Ein-Mieter-Objekte nur für Anleger eignen, die im Worst Case den vollständigen Verlust ihrer Einlagen verkraften können und Rücklagen in ausreichender Höhe gebildet haben, um notwendige Revitalisierungsmaßnahmen durchführen zu können.

PLATOW fällt ohne großes Nachdenken dazu noch mehr ein. Ein ungeplanter Mieterauszug kostet leicht drei Jahresmieten und mehr, für die oft die Liquidität nicht vorgehalten wird. Bei Aufteilung des Objekts in der Nachvermietung „verschwinden“ oft schon Flächen allein durch die neuen Flächendefinitionen. Nicht selten entspricht eine 95%-Vermietung der neu definierten Flächen der durchschnittlich maximal erreichbaren Vollvermietung. In Verbindung mit engeren Flächendefinitionen drückt das schon bei gleichen Mieten den Ertrag um 10% und mehr. Auch multifunktionale Immobilien sind bei aller Professionalität zunächst auf den Erstmieter zugeschnitten. Zukünftig dürften bei Fonds und Unternehmen Bewertungsrisiken eine weit größere Rolle spielen. Abnehmende Mietrestlaufzeiten drücken auf den Wert. Zweitvermietung bringt geringere Mieten als Neubau-Erstbezug. Bei mieterspezifischen zweiten Lagen werden Nachvermietungsperspektiven oft überschätzt. Auch bei einem frühzeitigen Mieterauszug, bei dem noch über Jahre die Miete bezahlt wird, müssen oft drastische Bewertungsabschläge in Kauf genommen werden, die Banken oft mit Eigenkapital unterlegt sehen wollen. Professionelle Mieter schrecken häufig auch nicht davor zurück, juristisch aus dem Mietvertrag herauszukommen.

Vernachlässigt werden regelmäßig Image-Risiken eines Gebäudes, das mit einem bekannten Mieternamen verbunden war. Die Immobilie muss langfristig durch Marketing und Revitalisierung kostspielig umpositioniert werden. Nach 10 Jahren ist eine grundlegende Renovierung und Mieteranpassung fällig. Nach 20 bis 30 Jahren drohen Investments auf Neubaukosten-Niveau. Schlimm wird es, wenn der bonitäre Mietvertrag als Ersatz für Standortqualität genommen und ein vermeintlich langfristig gesicherter Cashflow als Core-Definition gewählt wurde. Aber selbst wenn alles gut geht und der Markt sich stabil hält, kann allein die Summe aus Nachvermietungskosten, Mietausfällen, neuen Flächendefinitionen, Restleerständen auch bei Vollvermietung sowie der Differenz zwischen der Gebrauchtimmobilien-Miete und der ursprünglich kalkulierten Neubaumiete schnell zu Wertverlusten von 20% bis 50% führen.

PLATOW wundert sich denn auch seit vielen Jahren über die Bewertungsstabilität von Single-Tenant-Immobilien. Entscheidend bleibt aber die Fähigkeit des Investors, Risiken zu managen. Denn auf der anderen Seite ist eine Single-Tenant-Immobilie in einem großen Portfolio eines institutionellen Anlegers auch nichts anderes als ein Etagenmieter in einem Multi-Tenant-Hochhaus eines Einzelinvestments.

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