Immobilien

Über den Londoner Immobilienmarkt sind die Meinungen geteilt

Müller International, das Londoner Immobilienberatungshaus mit deutschen Wurzeln, sorgt sich um mögliche Auswirkungen des schottischen Referendums vom 18. September auf den Immobilienmarkt in London, insbesondere auf den Investmentmarkt. Das Referendum entscheidet über den möglichen Austritt Schottlands aus dem Vereinigten Königreich.

28. August 2014

Nach den britischen Parlamentswahlen in 8 Monaten droht zudem das von Premier David Cameron für den Fall seines Wahlsiegs angekündigte Referendum über den EU-Verbleib Großbritanniens. Zwar seien Effekte in beide Richtungen möglich, jedoch erscheint der Investmentmarkt nach Ansicht vieler Fachleute bereits weitgehend ausgereizt. 2013 sei ein äußerst positives Jahr gewesen.

Die positiven Faktoren resultieren laut Müller International vor allem aus der Bedeutung und Beliebtheit Londons als „Ort, um Geschäfte zu tätigen“ mit einer anlegerfreundlichen rechtlichen und steuerlichen Rahmenstruktur. Wo sonst lassen sich Finanzmittel in einer Weltstadt mit hohen Werten investieren und dabei breite Finanzströme so effizient in wenigen größeren Transaktionen auf einem so transparenten Markt „zuweisen“? Hinzu komme aktuell eine nahezu beispiellose Liquidität, wenn der Zeitpunkt des Ausstiegs anstehe. Skeptiker konzentrierten sich dagegen darauf, dass die Preise auf dem derzeitigen Niveau nicht nachhaltig seien und die Risiken nicht angemessen bewertet würden.

Allerdings sind die fundamentalen Daten der Büroimmobilien-Nachfrage stabil. Sowohl die City of London als auch das West End haben einen deutlichen Rückgang der Leerstandsraten gesehen. Die stabile Nachfrage zeige sich auch an den zunehmenden Vorvermietungen der Entwickler, die zudem bei spekulativen Investments nach wie vor zurückhaltend agieren. Gleichzeitig gebe es größere Mieter, die zunehmend bereit seien, unabhängig von der politischen Entwicklung Flächen zu übernehmen. Bei guten ökonomischen Eckdaten und einer wohl eher langsamen Anpassung der Zinsen auf ein neues Niveau, jedoch deutlich unterhalb der Werte vor der Finanzkrise, sehe es aktuell so aus, als habe der Markt ein recht stabiles Gleichgewicht erreicht. Damit könne den derzeitigen Immobilienrenditen eine gewisse Logik zu Grunde gelegt werden. Die von Müller International zusammengefassten Einzeldeals zeigen meist Nettomietrenditen von gut 5% bis Richtung 6%. Ausreißer ist hier wohl das Bond Street House, Ecke Bond Street/Clifford Street, das mit einer Netto-Anfangsrendite langfristiger Mietverträge von 2,27% für 112 Mio Pfund an BNP REIM verkauft wurde.

Gerade auch bei Wohnen mehren sich die kritischen Stimmen, wie PLATOW aus anderen Quellen hört. Bis Mai dieses Jahres hat der Londoner Markt nach offiziellen Regierungsstatistiken bei den Hauspreisen den Rest Großbritanniens und wohl auch die meisten Länder der Welt abgehängt. Nach einem Anstieg von mehr als 20% lagen die Preise in London im zweiten Quartal auf dem höchsten Stand aller Zeiten Die guten Tage vor der Finanzkrise sind nirgendwo so schön zurückgekehrt wie an der Themse. Niedrigzinsen, verbesserte Konjunktur und wohlhabende Zuzügler aus aller Welt machten den Markt auch bei Wohnimmobilien. Der Wendepunkt könnte aber gekommen sein. Simon Gerrard, Präsident des englischen Maklerverbands, weist darauf hin, dass zwar die Beruhigung im Sommer normal sei, aber die jüngsten Kommentare der Bank of England Zinssteigerungsängste wecken würden. Gleichzeitig würden Banken länger und detaillierter prüfen. Das größte Immobilien-Internetportal meldete landesweit für August mit minus 2,9% den stärksten Preiseinbruch seit Beginn der Datenerfassung.

Hinzu kommt nach Recherchen eines Kollegen die sich seit 10 Jahren zunehmend öffnende Schere zwischen den Immobilienpreisen in Großbritannien und der Entwicklung des BIP. London hat darüber hinaus eine etwa doppelt so hohe Steigerungsrate der Immobilienpreise wie der Landesdurchschnitt. Das könnte Risiken aufzeigen. Andererseits wächst die Bevölkerung der Stadt schneller als neue Wohnungen gebaut werden. Hinzu kommt die Nachfrage ausländischer Investoren, die ihr Kapital im sicheren Hafen London anlegen wollen. Damit ergeben sich die Fragen, die sich auch Münchener stellen. Können Immobilienpreise dauerhaft über die Entwicklung der Einkommen steigen? Was passiert bei steigenden Zinsen?

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