Was Scout24 nach dem Verkauf an Hellman & Friedman erwartet
Nach Angaben von Telekom-Chef René Obermann ist Hellman & Friedman einer der führenden Investoren im digitalen Mediengeschäft und habe eine herausragende Erfolgsbilanz bei Partnerschaften mit Unternehmen. Für PLATOW ist das optimale Timing der Telekom nicht unbedingt der beste Lebenszyklus-Einstiegspunkt. Für die Mitarbeiter könnte sich unter der Ägide eines Finanzinvestors das Leben unangenehm verändern. Befürchtungen kursieren bereits im Haus.
Mit Blick auf den Kaufpreis wird sich ein Finanzinvestor nicht damit begnügen können, brav seine Gewinne zu kassieren. Bei der Überprüfung der Vielfalt oft unbedeutender Scout24-Portale könnte die Beschränkung auf die Kernkompetenzen zur Maxime werden. Da macht nach unserer Kenntnis ImmobilienScout24 wohl leicht zwei Drittel der Erträge aus. Was sich sonst noch rechnet, wird dann auf den Prüfstand gestellt. Und auch innerhalb der Kernkompetenzen gibt es viele personalintensive Randbereiche, deren Dienstleistungen vielleicht das Portal abrunden, aber kein Geld abwerfen. Auch das dürfte schnell zu identifizieren sein. Bei einer Bereinigung der Portale wird sich die Frage stellen, ob der Overhead der Gruppe überhaupt noch notwendig ist. Von daher wird die Übernahme durch einen Finanzinvestor sicherlich zu deutlichen personellen Verwerfungen führen. Mit einer wahrscheinlich möglichen Freisetzung von 20% oder 30% der Mitarbeiter könnte sich die Bilanz zügig schönen lassen. Dann würde auch für Hellman &Friedman ein interessanter Exit winken.
Aber wo soll die Wachstumsfantasie herkommen, die ein hohes Multiple rechtfertigt? Die idealistischen Jugendjahre sind längst vorbei. Im Internet-Boom zum Jahrtausendwechsel haben wir uns intensiv mit dem Aspekt „eBusiness in der Immobilienwirtschaft“ beschäftigt. Mit unseren Überlegungen zur Entwicklung des eBusiness in der Immobilienwirtschaft lagen wir nicht schlecht. Wir waren lediglich etwas der Zeit voraus, da die Internet-Krise die Entwicklung entschleunigte. Schließlich hatten wir von ImmobilienScout24-Co-Gründer und Co-Herausgeber Jürgen Böhm damals gelernt, wie Internet-Strategie geht: The Winner takes it all. Alle 10 Jahre kommt eine Markttransformation. Aus Start-Ups werden behäbige Konzerne. Aus Weltverbesserungs-Idealismus wird Marktanteils- und Renditeehrgeiz.
Bei der Suche nach den Wachstumsperspektiven der Cash-Cow ImmobilienScout24 wird man nur noch an Randbereichen oder vielleicht international fündig. Im deutschsprachigen Raum ist die Marktdurchdringung schon jetzt sehr hoch. Die Preispolitik mutet schon fast monopolistisch an. Das öffnet die Verteidigungsbarrieren, die Gegner, die sich aus Wettbewerberzusammenschlüssen wie möglicherweise immonet oder immowelt formieren könnten, überspringen könnten. Wenn Springer als internetaffiner und finanzstarker Wettbewerber inzwischen zu müde ist, eine Armee zusammenzustellen, könnten Social Media-Innovatoren mit einer neuen günstigen „Lovemark“ die überteuerte „Trustmark“ ImmobilienScout24 angreifen.
Prominente Beispiele für die Schnelligkeit des Wandels sind der Suchmaschinen-Verdrängungskampf Google gegen Yahoo oder in der Smartphone-Branche Apple gegen Blackberry oder zuvor Blackberry gegen Nokia. Auch eine Marktanteils-Festung wie ImmobilienScout24 kann von einem vielleicht zu gierigen und im Kerngeschäft unerfahrenen Verteidiger nicht gehalten werden. Das theoretische Szenario haben wir im kleinen Insider-Kreis damaliger Scout-Manager vor einigen Jahren schon einmal durchdacht. Heute ist die Angriffs-Technologie verfügbar. Wir bleiben neugierig.