Wölbern poolt die Liquidität seiner geschlossenen Fonds
Immobilienhandelsfonds lösen Bestandsfonds ab. Blindpools oder Projektentwicklungsfonds erzielen Marktanteile, die Analysten der 90er-Jahre verhindert hätten. Mega-Konzernimmobilien wie die Deutsche Bank-Türme tunen das Zahlenwerk. Auf die Finanzierungsbedürfnisse mittelständischer Initiatoren hat die Bankenszene derzeit keine Antwort. In der Summe landen Risiken beim Anleger, die nicht den klassischen Vorstellungen des geschlossenen Immobilienfonds entsprechen. Das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen, da die Branche keine andere Chance hat. Das Hamburger Emissionshaus Wölbern Invest, das den früheren Emissionsbereich des Bankhaus Wölbern fortsetzt, hat jetzt das nächste Tabu der Fondsbranche in Angriff genommen: Die Liquidität von 24 Fonds des renommierten Initiators soll gebündelt werden. 27 000 Anleger sollen bis morgen zustimmen. Ziel ist die Optimierung der Liquiditätserträge, die Finanzierung von Kreditbedürfnissen einzelner Fonds und der Aufbau einer Position der Stärke auch gegenüber Banken. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile des Cashpoolings sind evident. In Konzernen ist das Standard.
Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass Grundprinzipien über den Haufen geworfen werden. „Jeder Fonds ist eine Insel“, war das Credo der Branche. Das sollte vor Ansteckungsgefahren von Initiatoren und anderen Fonds schützen. Verflechtungen zwischen verschieden Fonds eines Initiators waren regelmäßig Anlass, über Seriosität zu philosophieren. Die Verwendung von treuhänderisch vom Anleger bereitgestellter Liquidität für fondsfremde Aufgaben forderte bei Problemen üblicherweise eine juristische Überprüfung der Gesamthistorie geradezu heraus und war auch oft Anlass für die Staatsanwaltschaft, über Treueverpflichtungen nachzudenken. Natürlich können die Eigentümer eines Fonds beschließen, mit anderen Fonds Liquidität auszutauschen. Sogar Kreditverzichte von Fonds gegenüber einem in Schwierigkeiten befindlichen Initiator wurden im vergangenen Jahr vom Anleger ohne Gesellschafterversammlung durchgewinkt. Ein erfahrener Fondsanwalt sprach mit Blick auf die Gesamtentwicklung der Branche von einer „Verrohung der Szene“.
Wölbern lässt sich jetzt einen Cashpool genehmigen. Korrekt weist der Initiator darauf hin, dass jedes fondsübergreifende Liquiditätsmanagement Risiken berge. Die Geschäftsführung der Wölbern Invest B. V. steuert den Prozess der Kreditvergabe durch eine interne GbR. Die Honorare zwischen 500 Euro und 2 000 Euro pro Einzelkredit hierfür sind vor dem Hintergrund einer etwaigen Sorgfaltshaftung eher moderat. Ein Ausfall einzelner oder mehrerer teilnehmender Darlehensnehmer kann laut Wölbern trotz Sorgfalt jedoch nicht ausgeschlossen werden. Das könne zu teilweisen oder vollständigen Auszahlungsverzichten führen.
Der auf Fonds spezialisierte Bayreuther Jura-Professor Karl-Georg Loritz sieht zwar auf unsere Nachfrage auch die betriebswirtschaftlichen Vorteile. Zum Einzelfall möchte er sich jedoch nicht äußern. Rechtlich stelle sich jedoch die Frage, unter welchen Voraussetzungen es den Geschäftsführern eines Fonds überhaupt erlaubt ist, die liquiden Mittel ihres Fonds einem solchen Pool anzuvertrauen. Es handele sich dabei wegen der steuerlichen Transparenz der Personengesellschaft in der Regel um von den Anleger-Gesellschaftern versteuerte Gewinne. Erlaubt wäre so etwas, wenn es im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich geregelt und im Prospekt unter Hinweis auf die Risiken beschrieben wäre. Das sei durchweg nicht der Fall. Bei einer späteren Zustimmung durch den Anleger sei rechtlich streitig, ob hier tatsächlich die einfache Mehrheit der Stimmen ausreiche. Die Rechtsprechung hat laut Loritz einen Kernbereich von Gesellschafterrechten entwickelt, in den nur mit ausdrücklicher Zustimmung des betroffenen Gesellschafters eingegriffen werden könne. Ob das Einstellen der liquiden versteuerten Mittel, also der thesaurierten Gewinne der Gesellschafter, in einen mit unvermeidlichen Risiken behafteten Pool zu diesem Kernbereich gehöre, sei bisher nicht entschieden.
Anders als Gesellschaftern bei klassischen Unternehmen wurde Anlegern eines geschlossenen Fonds im Regelfall im Prospekt versprochen, Liquidität zu bilden und sie z. B. bei Immobilien für eine notwendige Revitalisierung vor einem späteren Verkauf oder vor allem für unvorhergesehene Kosten – etwa bei Ausfall eines Mieters – zu verwenden. Dann haben diese Mittel eine fundamentale Bedeutung. Ihre jederzeitige Verfügbarkeit ist dann Grundlage der Fondsstrategie. Geschäftsführer, die auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses gegen den Willen eines Anlegers die Mittel in einen Pool einbringen, gingen ein Risiko ein. Es sei offen, wie eines Tages die Gerichte in den einzelnen Fällen entscheiden würden. Die zentrale Frage sei aber wirtschaftlicher Art. Stehen hier Chancen und Risiken aus Sicht der Anleger in einem angemessenen Verhältnis? Loritz ist eher skeptisch. Und das ist PLATOW auch.