Zinsen für Preiserwartung wichtiger als Klima oder Digitalisierung
18% rechnen mit einer Seitwärtsbewegung. Über ein Drittel sieht einen Attraktivitätsverlust des deutschen Immobilienmarktes. In den Nutzungsarten Büro, Handel, Hotel und Wohnen erwarten die Befragten mehrheitlich sinkende Preise. Lediglich bei Logistikimmobilien geht eine knappe Mehrheit der Investoren noch von stabilen Preisen aus. Zwar wird auch hier kaum mehr eine positive Preisentwicklung erwartet, jedoch ist das deutlich optimistischer als die Einschätzung der Researcher (s. o.).
Wie von PLATOW regelmäßig dargestellt, führt die Zinsmathematik zu einer Niveautransformation der Renditen. Das scheint noch nicht angekommen bzw. hat noch nicht zu einem neuen Gleichgewicht geführt. Unterschiedliche Renditevorstellungen seien das entscheidende Hemmnis für Transaktionen. Wirtschafts- oder ESG-Risiken folgen mit Abstand. Allerdings erwarten rund zwei Drittel der Befragten bereits für das laufende Jahr ein neues Gleichgewicht. Befragt nach Trends in den einzelnen Assetklassen erwarten 81% bei Wohnimmobilien eine Trendumkehr zu zukünftig geringerem Flächenverbrauch pro Kopf aufgrund steigender Nebenkosten. Im Bürosegment hingegen könnten die hohen Energiekosten nach Ansicht von 60% der Umfrageteilnehmer dazu führen, dass Mitarbeitende wieder regelmäßiger im Büro arbeiten. Für das Einzelhandelssegment erwarten 92% angesichts steigender Verbraucherpreise, sinkender Kaufkraft und hoher Energiekosten Insolvenzen im Non-Food-Bereich. Das Hotelimmobiliensegment wird nach Ansicht von 96% der Investoren weiter erheblich unter dem Fachkräftemangel leiden.
Das neue Zinsumfeld trifft den Immobilienmarkt in den Grundfesten, die anscheinend eher optimistisch auf dem Fundament der Nullzinsen gebaut waren. 99% sehen die Neubauaktivitäten beeinträchtigt. Erschwerte Anschlussfinanzierungen (99%), zunehmender Eigenkapitalbedarf (94%), häufigere Kreditausfälle (89%), ein weiter steigendes Zinsniveau (88%) und ein in diesem Jahr geringeres Neugeschäftsvolumen (83%) werden als wichtigste Folgen genannt. Die Zinsentwicklung und der demografische Wandel lösen die noch im vorigen Jahr relevantesten Trends Digitalisierung und Klimawandel ab.
Für drei Viertel der Umfrageteilnehmer ist der Proptech-Sektor besonders betroffen. Die Zinsentwicklung dominiere derzeit die Immobilienwirtschaft, so EY-Director Paul von Drygalski. Knapp neun von zehn Befragten sehen in den hohen Energiekosten Anreize zur energetischen Transformation des Gebäudebestandes. Über 60% gehen allerdings auch davon aus, dass die Energiekosten die Liquidität von Bestandshaltern gefährden werden. Bei der nachhaltigen Transformation ruckelt es aber noch. 88% gaben an, dass „Manage-to-Green“-Strategien durch fehlende Erfahrungswerte und Benchmarks erschwert werden. Fast 60% kennen die Taxonomie-Konformitätsquote ihres Portfolios nicht.