Versicherungen

Das zähe Ringen um Ausgewogenheit bei Verbriefungen

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Am 30.11.2015 hat der Rat der Europäischen Union dem EU-Parlament den Vorschlag einer Verordnung für „einfache, transparente und standardisierte"" Verbriefungen (simple, transparent and standardised, oder „STS"") vorgelegt. Zugleich erfolgte die Zuführung des Vorschlags einer Verordnung zur Änderung der Capital Requirements Regulation (CRR), der ebenfalls weit reichende Änderungen für Verbriefungen enthält. Dabei handelt es sich jeweils um die dritte Kompromissfassung, woraus deutlich wird, dass EU und Verbände zäh um ein ausgewogenes Verbriefungsregelwerk ringen. Oliver Kronat, Rechtsanwalt und Steuerberater, Partner bei Clifford   Chance, gibt im Folgenden seine Einschätzung zu den gegenwärtigen Entwicklungen im Verbriefungsmarkt wieder.

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Einheitliches Regelwerk

Eine Stärkung der Verbriefungsmärkte ist eine der Säulen der Kapitalmarktunion, denn mittlerweile gilt, dass funktionierende Verbriefungsmärkte neben der Bankenrefinanzierung auch die Kapitalzufuhr für die Realwirtschaft stärken. Doch möchte die EU nicht alle Verbriefungen fördern, sondern unterscheidet zwischen „guten““, d.h. den STS Verbriefungen, und „weniger guten““ Verbriefungen. Nur die erste Kategorie sollen „gefördert““ werden. Für beide Arten der Verbriefungen soll aber künftig ein konsolidiertes und für alle institutionellen Investoren (Banken, Versicherungen, Investmentfonds) einheitlich anwendbares Verbriefungsregelwerk gelten.

Positiv zu bewerten ist, dass, anders als noch bei den Level-II-Verordnungen zu Solvency II und zur Liquidity Coverage Ratio der CRR, keine Beschränkung auf einzelne Asset-Klassen vorgesehen ist. Damit können nicht nur Verbriefungen von Forderungen aus Automobildarlehen, Automobilleasingverträgen, privaten Hypothekendarlehen, Verbraucherkreditverträgen und Unternehmensdarlehen die STS-Kriterien erfüllen. Eine Einschränkung gilt jedoch wohl für die Verbriefung von gewerblichen Hypothekendarlehen (commercial mortgage backed securities), deren Rückzahlung zumeist wesentlich von der Möglichkeit des Darlehensnehmers abhängt, vor Laufzeitende des Darlehens die Immobilie zu veräußern oder zu refinanzieren. Insgesamt erscheinen die STS-Kriterien als ausgewogen und den tatsächlichen Gegebenheiten von Verbriefungstransaktionen entsprechend. Allerdings steckt der Teufel im Detail. Einige STS-Kriterien bedürfen der Auslegung und die Formulierungen sind nicht immer eindeutig. Abhilfe werden hier wohl erst die Auslegungsschreiben der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA; regulatory technical standards, RTS) schaffen. Bis zu deren Vorliegen wird Rechtsunsicherheit bestehen. Dies ist misslich, denn der Verordnungsentwurf sieht keinen Mechanismus vor, der zu einer allgemeingültigen Anerkennung der Verbriefung als STS führt. Man hätte sich hier am Mechanismus der Anerkennung von Verbriefungen als zentralbankfähige Sicherheiten durch die EZB orientieren können.

Strafzahlung und Bekanntmachung bei Verstößen

Vielmehr ist vorgesehen, dass der Originator oder Sponsor und die Emittentin der Verbriefung die ESMA darüber benachrichtigen, dass die STS-Kriterien eingehalten sind. ESMA wird diese Benachrichtigung ohne inhaltliche Prüfung auf ihrer Webseite veröffentlichen. Ist diese Benachrichtigung fehlerhaft, dann drohen dem Originator, Sponsor und der Emittentin erhebliche verwaltungs- und evtl. auch strafrechtliche Sanktionen. Die verwaltungsrechtlichen Sanktionen umfassen u.a. eine öffentliche Bekanntmachung des Verstoßes, eine vorübergehende Untersagung, weitere STS-Verbriefungen zu emittieren, und Strafzahlungen, die bis zu 10% des Jahresumsatzes betragen können. Der Investor muss vor Erwerb einer STS-Verbriefung im Rahmen seiner Due Diligence überprüfen, ob die STS-Kriterien eingehalten wurden. Dabei darf er sich auf die auf der ESMA Webseite veröffentlichte STS-Benachrichtigung stützen, ohne sich auf diese „mechanisch““ verlassen zu können. Über die Einhaltung dieser Vorgaben wachen die für den Investor zuständigen Aufsichtsbehörden der Banken, Versicherungen und Investmentfonds, insgesamt europaweit über 70 Behörden. Unterschiedliche Auslegungen sind hierbei nicht auszuschließen. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass die Einhaltung der STS-Kriterien von einer unabhängigen Drittpartei (z.B. PCS und TSI) zertifiziert werden kann. Nach Einschätzung von Kronat ist diese Möglichkeit, die spät in den Verordnungsentwurf aufgenommen wurde, zu begrüßen. Sie schaffe eine wesentliche Erleichterung und kommt einer allgemeinverbindlichen Anerkennung als STS-Verbriefung nahe. Die vorstehend beschriebenen Sanktionsmöglichkeiten für Originator, Sponsor, Emittentin und Investor bestehen allerdings weiterhin.

Nachbesserung bei Eigenkapitalgewichten

Der Verordnungsentwurf zur Änderung der CRR sieht eine neue Methode zur Bestimmung der Eigenkapitalgewichte vor. Unabhängig von der anwendbaren Methode werden Verbriefungen mindestens mit einem Eigenkapitalgewicht von 10% (STS-Verbriefungen) bzw. 15% (andere Verbriefungen) versehen. Diese Eigenkapitalgewichte sind zwar niedriger als vom Baseler Ausschuss vorgeschlagen, bewegen sich jedoch über dem aktuell geltenden Niveau (bei einem Rating von AAA gilt zurzeit ein Eigenkapitalgewicht von 7%). Insofern kommt es selbst bei STS-Verbriefungen zu einer Verschlechterung. Diese Behandlung ist nicht gerechtfertigt. Äußerst geringe Ausfallraten europäischer Verbriefungen, auch während und nach der Finanzkrise, und der Vergleich mit Pfandbriefen und Corporate Bonds rechtfertigen wesentlich geringere Eigenkapitalgewichte. Es bleibt zu hoffen, dass das EU-Parlament hieran noch etwas ändern wird, um das Ziel der Kapitalmarktunion, Verbriefungen zu fördern, umzusetzen.

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