Versicherungen

Neue Trends zur Begrenzung der Vorstandshaftung

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Der Gesetzgeber hat die Regeln zur Haftung von Vorstandsmitgliedern von – insbesondere börsennotierten – Aktiengesellschaften kontinuierlich verschärft. Zwar hat er 2005 die vom Bundesgerichtshof zuvor entwickelte „Business Judgement Rule“ im Aktiengesetz verankert, nach welcher der Vorstand nicht haftet, wenn er unternehmerische Entscheidungen mit der gebotenen Sorgfalt, also insbesondere auf angemessener Informationsgrundlage, getroffen hat.

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29. Oktober 2013

Eingeführt hat er 2009 aber auch einen zwingenden Selbstbehalt bei D&O-Versicherungen von eineinhalb Jahresgehältern. Ende 2010 verdoppelte er bei börsennotierten Gesellschaften den Verjährungszeitraum für Schadensersatzansprüche. Nicht zuletzt durch die Bankenkrise und einige spektakuläre Unternehmensschieflagen ist auch in der Öffentlichkeit der Ruf immer stärker geworden, Unternehmenslenker für ihr Handeln stärker verantwortlich zu machen. „Als Folge ist es in Deutschland zu einer Reihe aufsehenerregender Inanspruchnahmen gekommen, die freilich in der Regel im Vergleichswege beendet wurden“, sagt Achim Glade, Partner der Düsseldorfer Kanzlei Glade Michel Wirtz.

In jüngster Zeit ist in der wissenschaftlichen Diskussion aber auch eine gegenläufige Strömung auszumachen. „Namhafte Professoren sprechen sich dafür aus, einem Ausufern der unbegrenzten Vorstandshaftung entgegenzutreten und die bestehenden Regelungen und deren Anwendung durch die Gerichte auf den Prüfstand zu stellen“, so Glade. Diese Stimmen stellen darauf ab, dass der Vorstand ein Fremdorgan ist, dem aber mehr und mehr auch die unternehmerischen Risiken von Fehlentscheidungen überwälzt würden, zumal ihm stets die Beweislast für die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt obliegt. Vorgeschlagen wird z.B., auch auf Vorstandsmitglieder die Haftungsgrundsätze für Arbeitnehmer zu erstrecken. Damit würde bei betrieblich veranlasstem Handeln nach dem Verschuldensgrad differenziert und die Höhe der Haftung den Einkommensverhältnissen angepasst. Andere sprechen sich für eine generelle Begrenzung der Haftung auf ein bis drei Jahresgehälter aus, um das Verhältnis zwischen Vergütung und wirtschaftlichem Risiko in eine angemessene Proportion zu setzen.

Weitergehende Meinungen setzen darauf, einen Interessengleichlauf herzustellen: Vorstände sollen an Gewinn und Verlust des Unternehmens unmittelbar (also nicht nur durch risikolose Stock Option Programme) beteiligt werden. „Damit träfen sie die – positiven wie negativen – Folgen ihres Handelns unmittelbar auch selbst“, sagt Glade. Über das Ziel hinaus schieße wohl ein Vorschlag, die Vorstandshaftung generell auf grobe Fahrlässigkeit zu beschränken. „Dann – so hört man hinter nur halb vorgehaltener Hand sogar aus großen Rechtsabteilungen – würden juristische Bedenken gegen Vorstandsentscheidungen wohl kaum noch ernstgenommen“, so der Rechtsanwalt.

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