Versicherungen

Reform der Lebensversicherung – Substanzielle Neuregelungen

Das Bundeskabinett hat den Entwurf des „Lebensversicherungsreformgesetzes“ beschlossen und damit auf das anhaltende Niedrigzinsumfeld reagiert. „Die aktuelle Rechtslage verlangt von den Versicherern den Spagat zwischen der fortlaufenden Finanzierung der Zinsgarantien und der Beteiligung der ausscheidenden Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven“, sagt Wolfgang Krauel, Partner in München und Leiter der deutschen und Co-Head der weltweiten Versicherungspraxis bei Linklaters. Lässt sich die Beteiligungsquote nicht aus laufenden Einnahmen oder Rücklagen decken, sind die Versicherungsunternehmen zum Verkauf ihrer rentierlichen Anlagen gezwungen, was letztlich zu Lasten der im Kollektiv verbleibenden Versicherten geht.

Dieser Entwicklung steuert das Gesetzesvorhaben entgegen, indem es die Beteiligung an den Bewertungsreserven auf den Teil begrenzt, der den Sicherungsbedarf übersteigt. Dies ist der Betrag, der nicht vom Versicherungsunternehmen benötigt wird, um die vereinbarten Zinsgarantien zu finanzieren. Die beabsichtigte Beschränkung der Beteiligung an den Bewertungsreserven bezieht sich auf solche aus festverzinslichen Anlagen sowie Zinsabsicherungsgeschäften und soll flexibel ausgestaltet sein. Das bedeutet, abhängig von den Kapitalmarktzinsen, kann diese sogar wieder vollständig entfallen. Zugleich soll die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Risikoüberschüssen angehoben werden. Eine weitere Änderung betrifft die Ausschüttung von Dividenden, die fortan untersagt werden kann, soweit der Sicherungsbedarf nicht gedeckt ist. „Die Möglichkeit eines Zahlungsverbots ist im Grundsatz bereits im heutigen Versicherungsaufsichtsgesetz für insolvenznahe Sachverhalte angelegt. Mit der Neuregelung würden die Schwellen für eine Ausschüttungssperre sinken“, so Krauel. Daneben soll die Aufsichtsbehörde eine Reduzierung des vom Versicherungsunternehmen für variable Vergütungen von Geschäftsleitern und Mitarbeitern vorgesehenen Jahresgesamtbetrags anordnen können, bislang konnte lediglich die konkrete Auszahlung beschränkt werden. Weitere Neuerungen betreffen den bilanziellen Ansatz der Abschlusskosten, die Absenkung des Höchstrechnungszinssatzes (auf 1,25%) sowie die Offenlegung des Gesamtbetrags der an den Versicherungsvermittler gezahlten Provisionen.

Die Absenkung der Anforderungen an ein Ausschüttungsverbot soll auch die Interessen der Versicherten schützen. „Nimmt man aber die Perspektive eines Investors ein, kann sich dies für die Kapitalaufbringungsmöglichkeiten von Versicherungsgesellschaften langfristig auch als Hemmschuh erweisen“, sagt Krauel. Dies sei insbesondere in Bezug auf das Inkrafttreten von Solvency-II zum 1.1.2016 und damit verbundenen erhöhten Eigenmittelanforderungen kritisch zu sehen. Er fügt hinzu: „Insgesamt erscheinen die Neuregelungen nicht optimal mit Solvency-II abgestimmt. Wir erwarten, dass es angesichts des Marktumfelds und Solvency-II weiterhin zu Konsolidierungen und Umstrukturierungen, wie etwa dem Verkauf von Run-off- Beständen, kommen wird. Die beabsichtigten Neuregelungen verstärken diese Tendenz möglicherweise noch“.

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